Eine Joggerin hält sich die Seite.
Seitenstechen kennen viele, aber woher kommt es und was kann man dagegen tun? © Aleksej Sarifulin / iStock / Getty Images Plus

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BRENNENDE FRAGE: WAS HAT ES MIT SEITENSTECHEN AUF SICH?

Sie sind unangenehm, aber in der Regel harmlos. Dennoch stören Seitenstiche Freizeitsportler empfindlich beim Training. Wie kann man gegensteuern? Und wie kommt es überhaupt zu dem Zwicken?

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Raus an die frische Luft und los. Eine Runde Joggen als Ausgleich für das üppige Essen von vorhin. Doch der Lauf, der gut gelaunt begann, wird jäh von einem Seitenstich ausgebremst. Dieses unangenehme, zwickende Gefühl an der Bauchseite haben die meisten Freizeitsportler schon erlebt. Der Internist Prof. Ulrich R. Fölsch kann beruhigen: „Das ist schmerzhaft, aber in aller Regel absolut harmlos“, sagt der Experte aus Kiel. Ein Hinweis auf eine ernstzunehmende Krankheit ist dies keinesfalls, eher eine Art Unpässlichkeit. „Sie hätte womöglich vermieden werden können, wenn es unmittelbar vor dem Sport keine größere Mahlzeit gegeben hätte“, erklärt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln.

Essen als mögliche Ursache?
Wie groß der Zeitpuffer zwischen Essen und Sport sein sollte, dazu kursieren verschiedene Meinungen. Nach einer Faustregel sind es zwei bis drei Stunden. Bei dem einen kann es aber ein längerer Zeitraum sein, bei dem anderen ein kürzerer.

Generell kommt es bei Belastungen zu Seitenstichen, vor allem Ausdauersportler trifft es. In erster Linie Läufer, mitunter auch Schwimmer und Radfahrer. „Gut trainierte Sportler haben es seltener als Untrainierte“, sagt Froböse. Seitenstiche können sich links oder rechts am Bauch, manchmal an beiden Seiten äußern. Wodurch sie konkret ausgelöst werden, ist unklar. Es gibt einige Erklärungsansätze. „Wissenschaftlich bewiesen ist aber nichts“, sagt Mediziner Fölsch. Eine der Theorien sei eine Mangeldurchblutung der Milz. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Milz, aber auch die Leber bei körperlicher Belastung weniger stark durchblutet ist.

In der Folge könnten sich die schmerzempfindliche Milz- oder Leberkapsel verformen. Die Veränderung, bei der das Bindegewebe rund um die Milz belastet wird, könnte Seitenstiche verursachen. Zu dieser Theorie passt, dass Seitenstiche eher auftreten, wenn man nach einer üppigen Mahlzeit Sport macht. Denn fürs Verdauen benötigt der Magen-Darm-Trakt Blut, die Muskulatur aber ebenso - es kommt zum Mangel. „Daher nicht mit vollem Magen trainieren“, rät Fölsch.

Zweite Theorie: Das Zwerchfell ist schuld
Rein theoretisch könnte die Ursache auch im Zwerchfell liegen, so Froböse. Das Zwerchfell befindet sich unterhalb der Lunge zwischen Bauchraum und Brusthöhle. Beim Sport atmet man schneller und tiefer. Das beansprucht das Zwerchfell, dem es aber im Moment der Anstrengung an sauerstoffreichem Blut mangelt.

Der Grund, warum es nur Erklärungsansätze, aber keine wissenschaftlichen Belege für die Ursache gibt: Seitenstiche legen sich oft so schnell, wie sie begonnen haben. Fölsch: „Sie sind schon weg, bevor ein Betroffener ärztlich untersucht werden kann.“

Oder ist es die Körperhaltung?
Die Körperhaltung könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Wer verkrampft und geduckt anstatt aufgerichtet losläuft, hat womöglich ebenfalls ein höheres Risiko, Seitenstiche zu bekommen. Auch Übergewicht gilt als ein möglicher Auslöser. Hier trifft es vor allem Ungeübte, die zum Beispiel Lauftraining machen möchten und sich bis dahin sportlich kaum oder gar nicht betätigt haben. Bevor sie mit dem Sporttreiben anfangen, sollten sie einen Arzt um Rat fragen und ihren Körper durchchecken lassen, rät Fölsch. Das gilt vor allem für ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen.

Egal, um welche Sportart es geht: „Wichtig ist, sich nicht zu überfordern, sondern das Training den eigenen Fähigkeiten anzupassen“, betont Froböse. Dazu gehört auch, sich gut aufzuwärmen. Und die Belastung allmählich und nicht abrupt zu steigern.

Mit bewusster Atmung gegensteuern
Die Heftigkeit der Schmerzen variiert. Bei leichten Seitenstichen muss man sein Training nicht unterbrechen. „Wer will, kann das tun, aber es reicht auch, gleichmäßig und bewusst in den Bauch zu atmen und das Tempo zu drosseln“, erklärt Froböse. Bei stärkeren Seitenstichen ist es dem Bewegungsexperten zufolge aber ratsam, innezuhalten und die Stiche mit bewusster Atmung zu lösen.

Vier Schritte bewusst einatmen, vier Schritte ausatmen

Eine Atemübung könnte so aussehen: „Vier Schritte gehen und dabei bewusst einatmen und dann nach den nächsten vier Schritten bewusst ausatmen“, erklärt Froböse. Diese Übung so lange fortsetzen, bis die Schmerzen nicht mehr zu spüren sind. Auch die sogenannte Flankendehnung kann hilfreich sein: Man bleibt stehen, biegt den Körper leicht nach rechts und hält dabei den linken Arm gestreckt über den Kopf. „Dabei dann bewusst in die linke Flanke atmen“, sagt Froböse. Anschließend eine kurze Pause machen und die Seite wechseln. Den Vorgang einige Male wiederholen.

Lieber schweigen statt quatschen
Was genau einem bei Seitenstichen hilft, muss jeder für sich herausfinden. „Eine Lösung für alle gibt es nicht“, so Fölsch. Damit es zu den unangenehmen Schmerzen beim Sport erst gar nicht kommt, ist es wichtig, beim Training möglichst wenig zu reden. Denn das Sprechen kann die Atmung aus dem Rhythmus bringen und Verkrampfungen hervorrufen, die sich womöglich in Seitenstichen äußern.

Und was ist, wenn einen vor dem Sport der große Hunger packt? „Ein völlig leerer Magen vor dem Training ist auch keine gute Idee“, sagt Fölsch. Aber die letzte Mahlzeit sollte so leicht wie möglich sein. „Ideal ist etwas Obst.“

Quelle: dpa

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