Die Wurzel vieler Enzian-Arten enthält Amarogentin, die bitterste natürliche Substanz der Welt. © MMilda / iStock / Getty Images Plus

Arzneimitteltests | Bittersensoren

BITTERREZEPTOREN MIT PHARMAZEUTISCHEM NUTZEN

Eine neue internationale Studie gibt Einblicke in die zukünftige Nutzung der Bitterrezeptoren: die Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Molekülstruktur und Funktion dieser Rezeptoren könnten künftig zur Entwicklung neuer biologischer Testsysteme beitragen.

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Der bittere Geschmack kommt durch die Interaktion von Bitterstoffen wie beispielsweise Chinin, das in Bitter Lemon enthalten ist, und deren Rezeptoren zustande. Aber die Rezeptoren werden auch durch andere Substanzen, zum Beispiel Arzneistoffe, aktiviert. Außerdem befinden sich diese nicht nur auf der Zunge, sondern auch in anderen Körperorganen wie etwa Herzzellen oder Zellen der Atemwege. Während die Bitterrezeptoren im Mund hauptsächlich dazu dienen, uns vor dem Verzehr potenziell giftiger Pflanzen zu bewahren, ist noch nicht geklärt, welche Funktion die Sensoren an den anderen Strukturen haben. Neue Untersuchungen zeigen allerdings, dass Bitterstoffe und deren Rezeptoren die glatte Muskulatur der Atemwege entspannen oder an Vorgängen der Immunabwehr beteiligt sind. Ebenso konnten Interaktionen mit Arzneistoffen festgestellt werden, die diese Rezeptoren gar nicht als Zielstrukturen aufweisen. Dies könnte das Auftreten unerwünschter Wirkungen mancher Arzneistoffe erklären.

Um dieses Wissen weiter zu vertiefen, widmete sich das Team um Maik Behrens vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München zusammen mit der Unterstützung weiterer deutscher, aber auch israelischer und amerikanischer Kollegen dem Bitterrezeptor TAS2R14. Er gehört zu der Gruppe Bitterstoffrezeptoren, die in der Lage sind, ein breites Spektrum unterschiedlichster Bitterstoffe zu detektieren. Aus Voruntersuchungen sind bereits 80 Substanzen bekannt, die ihn aktivieren, darunter auch alte Bekannte wie beispielsweise Diclofenac.
Mit veränderten Varianten des Rezeptors TAS2R14 untersuchten die Wissenschaftler molekularen Wechselwirkungen zwischen der Bindungstasche des Rezeptors und des jeweiligen Agonisten. Dazu führten sie unterschiedliche zellbasierte Funktionstests und Studien an computergestützten Modellen durch. Dabei fanden sie heraus, dass der Rezeptor eine große Bindungstasche aufweist, somit passen sehr viele Substrate hinein – ähnlich einem Schloss, in das viele Schlüssel passen und das zusätzlich noch von einem Dietrich geöffnet werden kann, erläutert Behrens seine Ergebnisse.

Durch Punktmutationen gezielt veränderte Rezeptoren zeigten wiederum oftmals eine erhöhte Spezifität für einen bestimmten Wirkstofftyp. Die Forscher schreiben TAS2R14 daher das Potenzial zu, als Basis für bestimmte Wirkstoffsensoren zu dienen, die in biologischen Arzneimitteltests verwendet werden könnten. Da sich der Rezeptor auch außerhalb des Mundes im Körper findet, könnte er zudem ein sinnvolles Target für Arzneistofftests darstellen – für alte und neue Stoffe, um beispielsweise mögliche Ursachen für Nebenwirkungen im Vorfeld abzuklären. Und zu guter Letzt könnten die Untersuchungen auch dazu dienen den Geschmack von Arzneimitteln zu verbessern, indem man Bitterblocker zusetzt. Das Ende der bitteren Pillen?

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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