Eine ältere Frau sticht sich zum Blutzuckermessen in den Finger.
Der orale Glucosetoleranztest und gelegentliches Blutzuckermessen können bei der Diagnose eines Diabetes mellitus helfen. © PIKSEL / iStock / Getty Images Plus

Diabetes | Geschlecht

BEI FRAUEN SPÄT ERKANNT UND SCHLECHTER BEHANDELT

Männer und Frauen ticken anders, haben oftmals unterschiedliche Interessen und das ist gut so. Doch wenn es um das Thema Diabetes geht, sind Unterschiede gar nicht so gut. Jetzt wurden große Differenzen bezüglich des Krankheitsverlaufs offengelegt.

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Bei einer Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin erklärte Privatdozentin Dr. Julia Szenrödi vom Deutschen Diabetes Zentrum (DDZ) in Düsseldorf, dass sich eine Diabeteserkrankung bei Frauen deutlicher auf die Lebenserwartung auswirkt, als bei Männern. Daher soll nun auch die Vorsorge, Prävention und Früherkennung von Diabetes bei Frauen stärker als bislang in den Fokus von Medizinern rücken.

Eine neue Studie aus dem Jahr 2018 von Forscher Thaddäus Tönnies und seinem Team von der DDZ bekräftigen diese Aussage. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass das Sterberisiko von Menschen mit Typ-2-Diabetes im Alter von 65 bis 90 Jahren im Vergleich zu gesunden Menschen stark erhöht ist. Bei Männern ist der Faktor um 2,8, bei Frauen um 4,2 erhöht. „In allen Altersgruppen ist die Steigerung der Sterblichkeit durch Diabetes bei Frauen höher als bei Männern“, so Szenrödi.

Die Wissenschaft bewegt sich hier teilweise noch auf unbekanntem Terrain. Klar war bislang aber, dass es bei Diabetes geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Die Haupttodesursache von Diabetikern sind kardiovaskuläre Erkrankungen – bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern. Geht man ins Detail, so wir deutlich, dass Frauen einen um 27 Prozent höheres relatives Risiko für einen Schlaganfall aufweisen als Männer. Bei einer koronaren Herzkrankheit ist das Risiko sogar 44 Prozent höher. Beim weiblichen Geschlecht scheint sich eine Diabeteserkrankung demnach wesentlich stärker auf die Gefäßfunktion auszuwirken, als bei Männern.

Warum das so ist, wird derzeit von der Expertin im Rahmen einer Studie erforscht. Fest steht bereits jetzt, dass Frauen trotz optimaler Bedingungen die vorgegebenen Zielwerte für Blutglucose und Blutdruck eher selten erreichen. „Männer mit Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen werden früher diagnostiziert, häufiger und erfolgreicher medikamentös behandelt als Frauen“, erklärt Szenrödi.

Ein Grund hierfür sind in den Augen der Forscherin die soziopsychologischen Faktoren: „Frauen haben oft eine schlechtere Selbstfürsorge als Männer. Sie kümmern sich um ihre Partner und die Familie, vernachlässigen darüber aber oft sich selbst“, so Szenrödi. Ihr Appell lautet daher: Nicht erst auf die Symptome warten. Prädiabetes bleibt oft unentdeckt, weil der Nüchtern-Blutzucker noch normal ist. Mit einem oralen Glucosetoleranztest (OGT) ist eine frühe Diagnose möglich. Dies ist bei Frauen mit positiver Familienanamnese oder einem Gestationsdiabetes in der Vorgeschichte indiziert. Ein weiterer wichtiger Faktor ist Übergewicht, der sich bei Frauen deutlich stärker als Risikofaktor für Diabetes herauskristallisiert als bei Männern.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung 

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