© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Repetitorium

BAKTERIEN UND ANTIBIOTIKA – TEIL 3 –

Das Beratungsgespräch in der Apotheke kann wesentlich zu einer effektiven Wirksamkeit des Antibiotikums beitragen. Welche Aspekte gilt es zu erklären? Welche Einnahmetipps sollte der Kunde bekommen?

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Antibiotika gehören mit zu den größten medizinischen Errungenschaften. Sie tragen in hohem Maße zu einer besseren allgemeinen Gesundheit und zu einer höheren Lebenserwartung bei. Dennoch ist eine Antibiotika-Verordnung nicht immer gerechtfertigt. In vielen Fällen kann unter bestimmten Voraussetzungen mit einer Antibiose erst einmal abgewartet und bei milden Verlaufsformen zunächst symptomatisch therapiert werden, wie zum Beispiel bei Otitis media, Sinusitis oder einer akuten unkomplizierten Blasenentzündung. In anderen Fällen ist eine antibiotische Behandlung sogar nutzlos, da die Infektion viral ausgelöst ist, so bei banalen Erkältungen oder der echten Grippe (Influenza).

Problem eines unkritischen Einsatzes sind zunehmende Resistenzen. Experten appellieren heutzutage daher an eine verantwortungsvolle Verschreibungspraxis mit strenger Indikationsstellung, was sich in verschiedenen Leitlinien inzwischen auch niederschlägt. So sehen beispielsweise Leitlinien entgegen der früher praktizierten generellen Antibiotikagabe bei der Behandlung milder Verlaufsformen einer Sinusitis oder einer akuten unkomplizierten Blasenentzündung zunächst eine symptomatische Behandlung vor. Sind Antibiotika notwendig, ist eine korrekte Anwendung Voraussetzung für ihre zuverlässige Wirkung. PTA und Apotheker können mit wertvollen Beratungstipps den Therapieerfolg unterstützen.

Korrekte Dosierung Entscheidend für eine effektive Wirksamkeit ist die richtige Dosierung der antimikrobiellen Substanz. Antibiotika werden häufig in mehreren Dosierungen angeboten. Bei der Wahl der Dosis muss der Arzt verschiedene Faktoren berücksichtigen. Neben dem Schweregrad und dem Ort der Infektion wird die Dosis von patientenindividuellen Faktoren wie Alter, Gewicht, Leber- und Nierenfunktion bestimmt. Zudem spielen pharmakodynamische Eigenschaften des Antibiotikums eine Rolle. Einige Stoffe müssen in einer ausreichend hohen Dosierung eingesetzt werden (konzentrationsabhängige Antibiotika). Nur wenn sie hohe Spitzenspiegel (Wirkstoffkonzentrationen) erreichen, kann der gewünschte Therapieeffekt eintreten. Bei diesen Antibiotika ist ein postantibiotischer Effekt zu verzeichnen.

Dazu gehören beispielsweise Aminoglykoside und Fluorchinolone. Auch wenn die Substanz nicht mehr appliziert wird und somit unter die minimale Hemmkonzentration (MHK) fällt, bleibt die antibakterielle Wirkung für einige Zeit erhalten. Die Antibiotika wirken quasi „nach“. Bei den Aminoglykosiden gilt es zudem das Phänomen der ersten Dosis zu berücksichtigen. Darunter wird eine vorübergehende Abnahme der Erregerempfindlichkeit bei erneuter Dosierung verstanden. Daher ist bei ihnen eine einmal tägliche Applikation zu bevorzugen. Bei anderen Antibiotika muss die Konzentration des Wirkstoffes über einen bestimmten Zeitraum entsprechend lange erhalten bleiben (zeitabhängige Antibiotika). Bei diesen muss daher eine regelmäßige Einnahme über eine angemessene Therapielänge sichergestellt werden. Eine höhere Dosierung bringt hingegen keinen stärkeren Effekt (z. B. Beta-Laktam-Antibiotika, Vancomycin, Makrolide, Clindamycin).

Achtung Dosierungsfehler Antibiotika in Form von Säften stehen häufig als Trockensäfte zur Verfügung, die vor der Anwendung noch mit Wasser zubereitet werden müssen (z. B. Amoxicilline, Cephalosporine). Die Herstellung einer einnahmefertigen Lösung ist allerdings ebenso wie ihre Applikation häufig fehlerbehaftet. Es ist darauf zu achten, dass das Pulver zunächst in der Flasche aufgeschüttelt wird, um eine bessere Benetzbarkeit zu erzielen. Danach sollte das Wasser zunächst nur knapp unter der Markierung aufgefüllt und bei geschlossener Flasche gut geschüttelt werden. Da sich das Pulver unter Schaumbildung auflöst, muss mit der weiteren Zubereitung so lange gewartet werden, bis sich der Schaum abgesetzt hat.

Danach wird erst genau bis zur Markierung mit Flüssigkeit ergänzt. Dankbar sind die Kunden meist auch, wenn man gemeinsam guckt, wo sich die Markierung auf der Flasche beziehungsweise dem Etikett befindet. Nicht immer ist diese eindeutig ersichtlich, was dann auch zu Über- oder Unterdosierung bei der Saftherstellung führen kann. Ebenso sollten die Markierungen auf den Dosierhilfen erklärt werden, um Dosierfehler zu vermeiden. Schließlich rundet der Hinweis, vor Entnahme der Flüssigkeit den Saft erneut aufzuschütteln, um eine gleichmäßige Wirkstoffverteilung zu erzielen, die Beratung ab.

Korrekte Einnahmeintervalle Um eine gleichmäßige Konzentration des Antibiotikums im Blut zu gewährleisten, sollte der Kunde auf eine regelmäßige Einnahme explizit aufmerksam gemacht werden. Das bedeutet konkret, dass das Antibiotikum bei der Angabe „dreimal täglich“ alle acht Stunden, bei „zweimal täglich“, alle zwölf Stunden oder bei „einmal täglich“ immer zur gleichen Tageszeit einzunehmen ist. Man ist erstaunt, wie einige Kunden Einnahmehinweise interpretieren. Nicht selten sind ganz unregelmäßige Einnahmeabstände die praktizierte Wirklichkeit. Bei „dreimal täglich“ zum Beispiel: morgens um acht Uhr zum Frühstück, mittags um zwölf Uhr zum Mittagessen und abends um 19 Uhr zum Abendbrot.

Einnahmezeitpunkt beachten Ebenso werden die Angaben zum Einnahmezeitpunkt oft missverstanden. So bedeutet „nach den Mahlzeiten“, das Antibiotikum ein bis zwei Stunden nach dem Essen und nicht unmittelbar nach dem letzten Bissen einzunehmen (z. B. Erythromycin, Fosfomycin). Vor allem bei Fosfomycin ist eine korrekte Anwendung wichtig, da es sich um eine Einmaldosierung handelt. Vorzugsweise sollte die Einnahme des Epoxidantibiotikums abends vor dem Schlafengehen erfolgen, damit es über Nacht gut wirken kann. Tagsüber besteht hingegen die Gefahr, dass der Wirkstoff durch Trinken von (zu) viel Flüssigkeit vermehrt ausgespült wird. Antibiotika, für die eine nüchterne Einnahme empfohlen wird, sind etwa eine Stunde vor dem Essen einzunehmen, zum Beispiel Penicillin V oder Ciprofloxacin. So entstehen hohe Blutspiegelspitzen, bei denen auch weniger sensible Erreger geschädigt werden, die eine höhere MHK aufweisen. 

Bei anderen Antibiotika sollte die Einnahme zum Essen, also während der Mahlzeit, erfolgen. Dies betrifft Substanzen mit einer geringen Bioverfügbarkeit wie beispielsweise Cefuroxim, Cefpodoxim oder Metronidazol. Ihre Aufnahme in den Körper kann bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme erhöht werden. Bei den Tetrazyklinen (z. B. Doxycyclin) und einigen Chinolonen (z. B. Ciprofloxacin) muss wiederum auf einen ausreichenden Abstand von etwa zwei Stunden zu mehrwertigen Kationen wie Calcium, Magnesium, Eisen oder Aluminium geachtet werden, die in Milchprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln oder Antazida enthalten sein können. Bei einer gemeinsamen Einnahme bilden sich schwerlösliche Komplexe, die das Antibiotikum in seiner Wirksamkeit beeinträchtigen.

HINTERGRUNDWISSEN ZU RESISTENZEN

Bakterien besitzen die Fähigkeit, Resistenzen gegenüber Antibiotika zu entwickeln. Im Gegensatz zu den primären Resistenzen, bei denen die Erreger prinzipiell von vorneherein gegen bestimmte Antibiotikaklassen unempfindlich sind, wird bei den sekundären Resistenzen erst im Laufe der Zeit ein ursprünglich wirksames Antibiotikum plötzlich durch spontane Mutation oder Gentransfer (z. B. mittels Plasmiden) unwirksam. Ein zuvor empfindlicher Keim kann dann während der Behandlung durch das eingesetzte Antibiotikum nicht mehr unschädlich gemacht werden. Von Kreuzresistenzen spricht man, wenn Bakterien gegenüber mehreren Antibiotika, die chemisch miteinander verwandt sind oder den gleichen Wirkmechanismus besitzen, unempfindlich werden.

Multiresistente Keimen zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass sie eine Resistenz gegenüber einer Vielzahl verschiedener Antibiotikaklassen entwickeln. Multiresistente Erreger sind häufig Ursache für die gefürchteten nosokomialen Infektionen. Darunter versteht man die bei einem Krankenhausaufenthalt erworbenen Infektionen. Berühmtestes Beispiel für einen derartigen Problemkeim ist der MRSA-Keim, der Multi-Resistant-Staphylococcus-aureus-Keim. Aufgrund eines veränderten Penicillin-Bindeproteins weist er eine stark verminderte Affinität zu Betalactam-Antibiotika auf, sodass Penicilline, Cephalosporine und Carpapeneme wirkungslos sind. Reserveantibiotika wie Vancomycin, Linezolid oder Tigecyclin sind dann Mittel der Wahl.

Mit Leitungswasser Am besten erfolgt die Einnahme immer in aufrechter Position mit reichlich Flüssigkeit (250 Milliliter). So lässt sich ein Anhaften der Antibiotika an der Speiseröhre vermeiden und damit die Gefahr für Schleimhautschäden minimieren (z. B. Tetrazykline, Clindamycin). Bei anderen Wirkstoffen wird eine Resorptionsverbesserung erzielt, wie bei den Penicillinen. Ideal ist Leitungswasser, da es keine Interaktionen mit den Wirkstoffen eingeht. Bei Mineralwässern ist hingegen eine Komplexbildung beispielsweise mit Tetrazyklinen nicht auszuschließen. Auf Alkohol sollte während einer Antibiotikatherapie generell verzichtet werden. Bei der Einnahme von Metronidazol gilt dies ganz besonders, da das Antibiotikum das Alkohol-abbauende-Enzym, die Alkoholdehydrogenase, hemmt.

„So kurz wie möglich und so lange wie nötig“ Wichtig ist, dass der Betroffene die vom Arzt vorgeschriebene Behandlungsdauer einhält. Dafür ist es nicht immer notwendig, die gesamte Packung aufzubrauchen. Generell gilt der Grundsatz, die Antibiotika so kurz wie möglich und so lange wie nötig einzunehmen. Dabei hängt die die Therapielänge einer Antibiotikatherapie sowohl vom eingesetzten Wirkstoff als auch von der Schwere und Art der Infektion ab. In den Fachinformationen sind hierfür Richtwerte nachzulesen. Auch finden sich dazu Angaben in entsprechenden Leitlinien.

Bei Unklarheiten ist Rücksprache mit dem behandelnden Arzt sinnvoll. Aber Vorsicht, meist geht es dem Patienten bereits nach kurzer Zeit deutlich besser und er ist geneigt, das Antibiotikum vorzeitig abzusetzen. Im Beratungsgespräch sollte daher der Hinweis nicht fehlen, dass durch eine zu kurze Einnahme Resistenzen oder Rezidive gefördert werden. Andererseits muss sich nach zwei bis drei Tagen eine deutliche Besserung eingestellt haben. Sie zeigt, dass das Antibiotikum anschlägt. Verspürt der Betroffene keine Wirkung, ist eventuell ein Substanzwechsel erforderlich.

Gefürchtete NebenwirkungenNach einer Antibiotikatherapie kommt es häufig zu gastrointestinalen Beschwerden wie Durchfällen. Sie sind eine logische Folge der Antibiotikawirkung, da die antimikrobiellen Medikamente nicht nur Krankheitserreger bekämpfen, sondern auch die apathogenen Bakterien, die im Darm leben, schädigen. Die meisten Antibiotika-assoziierten Durchfälle verlaufen mild. Gefährlich können aber Infektionen mit Clostridum difficile werden. Dieser fakultativ pathogene Keim ist Bestandteil der physiologischen Mikrobiota. Eine Antibiotikaeinnahme begünstigt seine Kolonisation, die für ältere oder chronisch kranke Menschen lebensbedrohlich werden kann.

Der Erreger gehört zu den anaerob wachsenden, grampositiven Bakterien, deren Toxine eine starke Darmwandentzündung (Kolitis) mit Krämpfen, Fieber und heftigen Durchfällen (postantibiotische oder antibiotikaassoziierte Diarrhoe) auslösen. Die Infektion wird wiederum mit Antibiotika (z. B. Metronidazol, Vancomycin oder Fidaxomicin) therapiert. Zudem sind Vaginalmykosen häufige und unangenehme Folge von Antibiotika, da diese das natürliche Gleichgewicht der Mikrobiotia aus der Balance bringen, was den vorhandenen Candida-Pilzen ideale Wachstumsbedingungen verschafft.

Probiotika empfehlenFrüher glaubte man, eine Antibiotikaeinnahme beeinträchtige die Mikrobiota nur kurzfristig negativ und die ursprüngliche Zusammensetzung der Darmbewohner regeneriere sich schnell wieder. Ergebnisse neuerer Untersuchungen lassen allerdings vermuten, dass eine wiederholte Antibiotikagabe die Mikrobiota stärker zu schädigen vermag als zuvor gedacht. Man geht heute davon aus, dass oft Wochen bis Monate vergehen, bis sich das physiologische Gleichgewicht der Mikrobiota wieder eingestellt hat. Um das Gleichgewicht der Mikrobiota zu fördern beziehungsweise einer Fehlbesiedlung im Darm entgegenzuwirken, werden dem Organismus Kulturen von nützlichen Mikroorganismen zugeführt.

Dazu zählen vor allem Hefen (z. B. Sacharomyces boulardii, Synonym Saccharomyces cerevisiae), Lactobazillen (z. B. Lactobacillus casei, Lactobacillus rhamnosus GG), Bifidobakterien (z. B. Bifidobacterium longum, Bifidobacterium lactis), Enterokokken (z. B. Enterococcus faecium W54) und Escherichia coli (z. B. E. coli Nissle 1917, E. coli DSM 17252). Sie werden als Probiotika bezeichnet, die laut Definition der Weltgesundheitsorganisation als lebende Mikroorganismen dem Wirt einen gesundheitlichen Vorteil bringen, wenn sie in ausreichender Menge aufgenommen werden.

Wie eine Vielzahl von Studien zeigen konnte, fördern die eingesetzten Kulturen die Darmgesundheit und besitzen darüber hinaus ausgeprägte immunstimulierende und darmprotektive Eigenschaften. Probiotische Präparate verfügen über eine galenische Formulierung, die dafür sorgt, dass die Mikroorganismen unversehrt die aggressiven Magen- und Verdauungssäfte passieren und sich dann in aktiver Form an die Darmwand anheften können. Allerdings sind Probiotika nicht in der Lage, sich dauerhaft anzusiedeln. Sie können jedoch als Leitkeime die Regeneration fördern.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 86.

Gode Chlond, Apothekerin

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