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Repetitorium

BAKTERIELLE INFEKTIONSKRANKHEITEN – TEIL 3

Welche Antibiotikaklassen gibt es? Was ist ihr jeweiliges Haupteinsatzgebiet? Und welche Tipps sollten bei der Abgabe Patienten mit auf den Weg gegeben werden? Das ist Thema dieses dritten und letzten Repetitoriumsteil.

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Bakterielle Infektionskrankheiten können kausal mit Antibiotika behandelt werden. Darunter wurden ursprünglich Stoffwechselprodukte von Pilzen und Bakterien verstanden, die schon in geringer Konzentration das Wachstum von Bakterien hemmen oder abtöten können. Entscheidend ist hierbei das Prinzip der selektiven Toxizität, das heißt, Antibiotika sind für die eingedrungenen Erreger giftiger als für den Menschen. Am besten wird dies erreicht, wenn Strukturen der Bakterienzelle angegriffen werden, die beim Menschen nicht oder in wesentlich anderer Form vorhanden sind. Der therapeutische Nutzen ist dann meist größer als mögliche Schäden durch Nebenwirkungen.

Die wichtigsten Angriffspunkte hierbei sind:

  • Hemmung der bakteriellen Zellwandsynthese Die Neusynthese kann auf verschiedenen Stufen gestört werden, was den sich vermehrenden Bakterien das „Stützskelett” nimmt. Folge: Die Zelle platzt aufgrund hohen osmotischen Drucks und stirbt ab. Antibiotikabeispiele: beta-Lactame wie Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme; Polypeptide wie Bacitracin; Glykopeptide, wie Vancomycin; Cycloserin; Fosfomycin.
  • Blockade der Proteinbiosynthese am Ribosom Die Störung kann in verschiedenen Stadien der Peptidkettenverlängerung sowohl an der großen (50S)- oder der kleinen (30S)-Untereinheit stattfinden. Beispiele: Tetracycline; Aminoglykoside wie Streptomycin, Gentamycin, Amikain (30S-Inhibitoren); Makrolide, etwa Erythromycin; Lincosamide, wie Clindamycin oder auch Chloramphenicol (50S-Inhibitoren); Telithromycin (30S- und 50S-Inhibitor).
  • Unterdrückung der Nukleinsäuresynthese Indem die DNS-Replikation (Verdoppelung) gestört wird, kann die genetische Information nicht weitergegeben werden. Antibiotikabeispiele: Nitroimidazole; Chinolone. DNSStrangbrüche erzeugt beispielsweise Metronidazol. Die DNS-abhängige RNS-Polymerase hemmen kann beispielsweise Rifampicin. Inhibierung von Purinnukleotiden bei der Folsäuresynthese ist Angriffspunkt von Trimethoprim und den Sulfonamiden.

In der Regel wirken Antibiotika, die in die Proteinbiosynthese eingreifen, bakteriostatisch (Bakterien werden an der Vermehrung gehindert), solche, die die Bildung der Zellwand oder die Durchlässigkeit der Zytoplasmamembran beeinflussen, bakterizid (Bakterien werden abgetötet, meist unter Keimzerstörung). Bakteriostatische Wirkung bedeutet für den menschlichen Organismus mehr Arbeit, denn die körpereigene Immunabwehr muss die restliche Arbeit leisten und die Erreger abtöten.

Immunsupprimierten Patienten wird deshalb meist ein bakterizides Antibiotikum verordnet. Auch bei für das Abwehrsystem schwer zugänglichen Infektionen, beispielsweise einer Endokarditis (Herzklappenentzündung), einer Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung) oder einer Sepsis (Blutvergiftung), werden bakterizid wirkende Antibiotika vorgezogen.

Die klassische Antibiotikaeinteilung erfolgt nach Wirkmechanismus oder chemischer Struktur in folgende gebräuchliche Wirkstoffgruppen: beta-Lactame, Penicilline, Cephalosporine sowie deren Analoga Carbacepheme, Carbapeneme, Monobactame, Aminoglykoside, Tetracycline, Chloramphenicol, Makrolide, Polymyxine, Lincosamide, Glykopeptide, Streptogramine, Sulfonamide, Sulfonamid-Diaminopyrimidin-Kombinationen (z. B. Cotrimoxazol), Nitrofurane, Gyrasehemmer (Fluochinolone), Nitroimidazole.

Zu den neueren Antibiotikagruppen zählen

  • Oxazolidinone (Einführungsjahr: 2000)
  • Ketolide (Einführungsjahr: 2001)
  • Zyklische Lipopeptide (Einführungsjahr: 2005)
  • Glycylcicline (Einführungsjahr: 2005)
  • Pleuromutiline (Einführungsjahr: 2007)
  • Makrozyklikum Fidaxomicin (zugelassen, noch nicht auf dem Markt).

Schmalspektrumantibiotika, wie Phenoxymethylpenicillin (Pinicillin V), wirken nur gegen einzelne oder wenige Bakterienarten. Wenn bekannt ist, welches Bakterium eine Infektion verursacht hat, sind diese zur Therapie zu bevorzugen, da kaum nützliche Bakterien zerstört werden und Resistenzen vorgebeugt wird. Breitsprektrum-Antibiotika, etwa Cephalosporine, Chinolone, Makrolide, Tetracycline oder Sulfonamide, erfassen ein größeres Bakterienspektrum und werden häufig bei noch unbekanntem Erreger als Initialtherapie verordnet.

»Ein Problem sind die zunehmenden Resistenzen.«

Ansonsten kann der Arzt ein Antibiogramm erstellen lassen. Dabei fordert er nach Probeentnahme (Urin, Sputum Rachenabstrich, Punktion, Biopsie) beim Patienten eine Diagnostik im mikrobiologischen Labor an. Mittels Labortest (Plattendiffusionstest/Agardiffussionstest) werden dort die Keime identifiziert und die Empfindlichkeit beziehungsweise Resistenz der Bakterien gegen Antibiotika bestimmt.

Maß für die Wirksamkeit eines Antibiotikums gegenüber einem Bakterium ist dabei die minimale Hemmkonzentration (MHK) also die Mindestkonzentration einer Substanz, die gerade noch ausreicht, das Bakterienwachstum zu hemmen. Daneben existiert die minimale bakterizide Konzentration (MBK), das ist die niedrigste Antibiotikakonzentration, die ausreicht, um 99,9 Prozent des inokulierten Keimes abzutöten. Als Faustregel gilt: Je niedriger die MBK beziehungsweise MHK, desto wirksamer ist das Antibiotikum.

Ziel jeder Therapie muss die Wahl des richtigen, wirksamen Antibiotikums sein, bei gleichzeitiger Minimierung von Nebenwirkungen und Resistenzen. Die bekannteste Leitlinie zur Antibiotikatherapie in Deutschland erstellt die Paul-Ehrlich-Gesellschaft (PEG). Sie gibt aufgrund der Ausbietung neuer Antibiotika, der veränderten Resistenzsituation sowie wegen gesundheitsökonomischer Zwänge in regelmäßigen Abständen aktualisierte Therapieempfehlungen zu den wichtigsten Krankheitsbildern heraus, zu finden im Internet unter www.p-e-g.org/econtext/leitlinien. Erstmalig ist hier für die Pädiatrie auch der „Rationale Einsatz oraler Antibiotika bei Kindern und Jugendlichen” getrennt dargestellt.

Problem: Resistenzen Diese stellen ein großes Problem dar. Von einer natürlichen oder primären Resistenz wird gesprochen, wenn die Erreger einfach nicht im Wirkspektrum des Antibiotikums liegen. Anders liegt der Fall bei einer erworbenen oder sekundären Resistenz: Hier werden Bakterien durch Mutationen oder Übertragung von Resistenzfaktoren erst später gegen ein Antibiotikum unempfindlich. Kreuzresistenzen gegen mehrere verwandte oder mit ähnlichem Wirkmechanismus versehene Antibiotika oder Multiresistenzen sind ein weiteres wachsendes Problem.

Insbesondere wenn Antibiotika unkritisch eingesetzt werden, besteht die Gefahr, dass sie bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, wo sie unbedingt benötigt werden, nicht mehr helfen. Problemkeime sind insbesondere Methicillin-resistente Staphylokokkus aureus-Stämme (abgekürzt MRSA), Pseudomonas aeruginosa und Escherichia coli. Sie machen Krankenhäusern, Altenheimen und Pflegediensten schwer zu schaffen. Wegen der zunehmenden Tendenz auch schwere Infektionen ambulant zu behandeln, muss mittlerweile auch in der ärztlichen Praxis auf mehrfach resistente Erreger geachtet werden, wie sie zum Beispiel bei urologischen Patienten und komplizierten Atemwegsinfekten vermehrt auftreten können.

Bei der Antibiotikaauswahl hat der Arzt somit deren antibakterielle Aktivität, ihre Pharmakokinetik, die Infektionslokalisation, das möglicher Erregerspektrum und die derzeitige Resistenzsituation sorgfältig zu berücksichtigen. Noch werden ausschließlich oral applizierbare Substanzen eingesetzt. Parenterale Applikationen noch nur bei wenigen, schweren Infektionen erforderlich.

Übliche Nebenwirkungen Übliche unerwünschte Wirkungen aller Antibiotika sind Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch oder Durchfall. Auch zentralnervöse Störungen wie Kopfschmerzen oder Schwindelgefühl werden beobachtet. Ebenso wird ab und an über Phlebitiden (Venenentzündungen), erhöhte Leberwerte und bei parenteral verabreichten Antibiotika von Entzündungen am Injektionsort berichtet.

Schädigungen der Niere (Nephrotoxizität) oder des Hörvermögens (Ototoxizität) sind vor allem von Glykopeptiden (Reserveantibiotika zur Behandlung schwerer Staphylokokken- und Enterokokkeninfektionen: Vancomycin, Teicoplanin, Telavancin) und Aminoglykosiden (primär lokal in Dermatika und Augentropfen angewandt: Amikain, Framycetin, Gentamicin, Neomycin, Tobramycin) bekannt.

Schwangerschaft und Stillzeit Besonders heikel ist immer die Antibiotikagabe an Patienten während dieses Zeitraums. Bei der Abwägung ist die Apotheke häufig erster Ansprechpartner für Haus- und Fachärzte, aber auch die Patientin selbst. Das Nichtbehandeln einer bakteriellen Infektion kann nämlich ebenfalls das Ungeborene schädigen.

Welche Antibiotikaklassen und Wirkstoffe sind geeignet, welche bergen ein Risiko? Ein paar Grundregeln: Parenterale Gabe von Antibiotika ist nur in absoluten Ausnahmefällen indiziert und sollte ambulant nicht vorkommen. Von den oral anwendbaren Antibiotika eignen sich Penicilline, Cephalosporine und Erythromycin sowie bei Notwendigkeit auch Fosfomycin zur Infektionsbehandlung während Schwangerschaft und Stillzeit. Die relative Kontraindikation, die bei den neueren Vertretern dieser Substanzklassen angegeben ist, muss als allgemeine Vorsichtsmaßnahme verstanden werden.

Teil 1 des Repetitoriums Infektionskrankheiten finden Sie hier, zu Teil 2 kommen Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 ab Seite 68.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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