Diabetes Life
ARBEITEN, WENN ANDERE SCHLAFEN
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Etwa 16 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 15 und 65 Jahren sind in einem Beruf mit Wechselschichten aktiv. Zum Beispiel Pflegekräfte, medizinisches Personal, Beschäftigte in der Produktion, im Sicherheitsdienst, in der Gastronomie, in Fabriken, der Personenbeförderung zu Lande, Wasser und Luft oder Polizei- und Feuerwehrpersonal. Nicht nur arbeiten, auch essen, wenn andere schlafen, ist eine Höchstleistung für den Körper. Es ist gegen den natürlichen Rhythmus und kann daher langfristig Folgeerkrankungen mit sich bringen.
Wenn der Körper auf Hochtouren läuft Nachts zu essen bedeutet, dass Blutdruck, Atmung und Herzschlag genauso aktiv sein müssen wie am Tag. Und dass, obwohl Puls, Verdauung und Stoffwechsel jetzt eigentlich im Schlafmodus sind. Mehrfache Schichtwechsel erschweren zudem regelmäßige Mahlzeiten. Zu den Rhythmusänderungen gehört auch, dass sich Schichtarbeitende an freien Tagen wieder umstellen, um Zeit für Familie und Freunde zu haben. Das bringt den Körper erneut aus dem Takt. Häufige Folgen sind Schlafstörungen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Völlegefühl sowie Verstopfung. Als mögliche langfristige Folgen drohen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes oder Übergewicht. Worauf sollten Menschen achten, die bereits an Diabetes erkrankt sind?
Problematisch: Nacht- und Wechselschichten Während Früh- und Spätdienste für die meisten Menschen mit und ohne Diabetes praktisch machbar sind, sieht das bei der Nachtschicht schwieriger aus. Denn der Körper ist während der Nacht normalerweise auf Schlafen und nicht auf Wachsein und Essen eingestellt. Wer nachts arbeitet, bekommt in der Regel zu wenig Schlaf. Mit der Folge, dass der Organismus ein Viertel mehr vom hungerauslösenden Hormon Ghrelin ausschüttet. Im Vergleich dazu wird das Sättigungshormon Leptin zu rund 20 Prozent weniger ausgeschüttet. So erklärt sich, dass Schlafmangel für mehr Hunger sorgt. Wer dann öfter zu Snacks und unkontrolliertem Essen neigt, kann mit instabilen Blutzuckerwerten und Gewichtsschwankungen rechnen.
Was essen bei Schichtarbeit? Bevor der Körper während der Nacht in ein Leistungstief fällt, empfiehlt es sich, etwas zu essen. Wenig zu empfehlen sind sehr fettreiche und auch zuckerreiche Speisen, da sie eine besonders lange Verdauungsphase nach sich ziehen und Zucker natürlich die Glucosewerte beeinflusst. Speisen und Lebensmittel, die den Körper mit Nährstoffen versorgen, angenehm sättigen, weder träge noch müde machen, sind eher zu empfehlen. Zum Beispiel fettfreundliche Milchprodukte ohne Zuckerzusatz. Dazu ein bis zwei Portionen frisches Obst und Vollkorn-Haferflocken.
Gut bekömmlich sind auch Vollkornbrot mit Frischkäse oder fettarmer Wurst, Käse oder vegetarisch-veganem Belag. Was immer mit von der Partie sein sollte, sind in Stücke oder Stifte geschnittene Paprika, Kohlrabi, Möhren, Gurken, Kirschtomaten oder Snackgemüse. Auch Essiggemüse wie eingelegte Gurken, Zwiebeln oder Mixed Pickles bieten sich an und lassen sich zudem ideal bevorraten. Warme Mahlzeiten mit fettarmem, unpaniertem Fleisch oder vegetarische Alternativen, Fisch und dazu Gemüse, Reis oder Kartoffeln sind passende Hauptmahlzeiten während der Nachtschicht.
Warme Speisen helfen gegen Müdigkeit Praktisch und sättigend sind zudem Suppen mit Gemüse und Kartoffeln oder Hülsenfrüchten wie roten Linsen. Warmes Essen hilft dabei, dass die Körpertemperatur nicht zu stark absinkt und kann so dazu beitragen, besser und leichter wach zu bleiben. Deshalb sind auch warme Getränke wie Kräuter- und Früchtetee sinnvoller als kalte. Anregende Getränke wie Kaffee, schwarzer und grüner Tee, zuckerfreie Cola oder Energy-Drinks (zero oder light), können Leistungstiefs gegen zwei Uhr etwas auffangen.
Werden sie zu viel oder auch nach zwei Uhr nachts getrunken, kann sich der Erholungswert des nachfolgenden Tagesschlafs verschlechtern. Gegen zu starken Hunger nach der Nachtschicht sollte das Frühstück nicht ausgelassen werden. Praktisch empfiehlt es sich also, ein kleines Frühstück vor dem Tagesschlaf zu essen. Es hilft dabei, Regelmäßigkeit in die Nahrungsaufnahme zu bringen. Das ist zum einen wichtig für den Blutzucker, zum anderen fürs Gewicht und zur Verhinderung von Magen-Darm-Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Sodbrennen, Bauchschmerzen oder Verstopfung. Eine zu niedrige Trinkmenge und zu wenig Ballaststoffe können dies noch forcieren.
Schichtarbeit für Menschen mit Diabetes Diabetiker, die Insulin spritzen, müssen ihre Ess- und Spritzmengen auf die jeweiligen Arbeitszeiten anpassen. Das kann zu unvorhersehbaren Blutzuckerschwankungen führen. Bei ungefähr gleichem Einschlafzeitpunkt sind die Unterschiede meistens nicht ganz so gravierend. Wichtig ist, dass sich die Insulinsensitivität bei einem verspäteten Abendessen ändern kann, was zu einer Abnahme der benötigten Insulinmenge führt, um Unterzuckerungen zu vermeiden. Damit Ihre Kunden bei einer Unterzuckerung direkt gegensteuern können, empfehlen Sie Gummibärchen, Müsliriegel und Kekse mit Zucker griffbereit zu haben. Empfehlenswert ist auch Traubenzucker. Bevor die Insulintherapie aktiv verändert wird, raten Sie zur Rücksprache mit dem behandelnden Diabetesteam.
Was tun bei Früh-, Spät-, Nacht- und Wechselschicht? Meistens hat sich der Körper nach zwei bis drei Nächten an den veränderten Tagesablauf gewöhnt. Dies bringt eine Anpassung der individuellen Insulinmenge mit sich. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass oft die nächtliche Insulinsensitivität erhöht ist. Um auch hier Unterzuckerungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, vermehrte Blutzuckermessungen durchzuführen und diese zu dokumentieren. Schwieriger ist das Blutzuckermanagement im Rahmen von Wechselschichten. Es erschwert dem Körper sich immer wieder neu auf die veränderte Zeit anzupassen.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2021 ab Seite 68.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft stellt in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung den Infoflyer „Essen, wenn andere Schlafen“ zum kostenlosen Download an. Hier geht es um allgemeine Ernährungs-Praxistipps für Menschen, die im Schichtbetrieb tätig sind. Abgerundet wird der Flyer mit drei leckeren Rezepten, die sich auch für Menschen mit Diabetes anbieten. Download-Adresse: www.jobundfit.de/fileadmin/user_upload/medien/Flyer_EssenWennAndereSchlafen.pdf