Intuition/Angstforschung
ANGST VOR SCHLANGEN UND SPINNEN HAT EVOLUTIONÄREN URSPRUNG
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Angst hat evolutionsgeschichtlich eine wichtige Funktion. Durch eine geschärfte Aufmerksamkeit, Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit und eine schnellere Atmung bereitet sich der Körper auf schnelles Handeln und eine mögliche Flucht vor. Der Sinn ist also klar: Angst steigert unsere Überlebens-Chancen. In der industrialisierten Welt rücken allerdings viele Gefahren in den Hintergrund. Das Risiko auf dem Weg zur Arbeit von einem Wolf oder einer giftigen Schlange angegriffen zu werden, ist wohl relativ gering. Hinzu kommt, dass in den meisten mitteleuropäischen Ländern, wie auch in Deutschland, schlicht kaum noch gefährliche Arten von Spinnen oder Schlangen zu finden sind. Warum haben so viele Menschen dann noch Angst vor diesen Tieren?
Bisher ging man davon aus, dass Ekel, Abneigung und Angst vor bestimmten Dingen durch kulturelle Prägung erlernt werden. Zum einen durch Erfahrungen oder Traumata, zum anderen durch Vorbilder, wie beispielsweise den Eltern. Bisherige Ergebnisse bezogen sich immer auf Erwachsene oder Kinder, die bereits eine solche Prägung erfahren haben. Eine Kooperation aus Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und der schwedischen Universität Uppsala führten nun entsprechende Studien an Babys im Alter von sechs Monaten durch. Den Säuglingen wurden verschiedene Bilder in ähnlicher Form und Farbgebung gezeigt und ihre Stressreaktion gemessen. Da sich durch noradrenergen Einfluss die Pupillen bei Angst weiten, diente diese Reaktion als Messgröße in der Studie, da die Babys ihre Angst noch nicht in Worte fassen können. Im Gegensatz zu Bildern mit Blumen oder Fischen gleicher Größe und Farbe, reagierten die kleinen Probanden mit einer messbaren Stressreaktion auf Abbildungen von Schlangen und Spinnen. Die Forschergruppe geht daher davon aus, dass das Gehirn von Menschen mit der Zeit so programmiert wurde, dass es Objekte schnell als Spinne oder Schlange einordnet, um entsprechend zu reagieren.
Ein Bär oder ein Nashorn stellen schon allein wegen ihrer Größe eigentlich potenzielle Gefahren für den Menschen dar. Interessanterweise reagierten die Babys nicht mit Angst auf solche Darstellungen. Stefanie Hoehl, Neurowissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, vermutet, dass die Angst vor Spinnen und Schlangen tiefer verankert sei, da diese potenziell gefährlichen Arten bereits seit 40 bis 60 Millionen mit dem Menschen beziehungsweise seinen Vorfahren koexistierten – viel länger also andere Säugetiere. Ähnliches gilt für Steckdosen, heiße Herdplatten oder Messer. Das sind evolutionstechnisch gesehen sehr neue Gefahren und deshalb wahrscheinlich noch nicht verankert. Wer weiß wie es in ein paar tausend Jahren aussieht?
Farina Haase, Volontärin
Quelle: Bild der Wissenschaft