Sauberes Wasser ohne Arzneimittelrückstände - Forscher der TU Dresden haben sich dazu eine Filtermethode von Pilzen abgeschaut. © Mintr / iStock / Getty Images Plus

Xenobiotika | Arzneimittelrückstände

ENZYM AUS PILZEN KNACKT SIE ALLE

Der Klett-Verschluss, der Lotus-Effekt – all das sind Mechanismen, die sich der Mensch aus der Natur abgeschaut hat. Vielleicht kommt bald noch etwas Neues hinzu. Xenokat bezeichnet ein hocheffektives Filtersystem, das in Klärwerken Arzneimittelrückstände abbauen könnte.

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Deutsche Klärwerke haben schon jetzt hohe Sicherheitsstandards – doch bald könnte zu den bereits vorhandenen drei Stufen noch eine vierte hinzukommen. Arzneimittelrückstände sind nämlich nur schwer aus dem Brauchwasser herauszufiltern und das könnte zum Problem werden.

Eine Arbeitsgruppe der Technischen Universität Dresden hat nun ein Filtersystem entwickelt, das sich an den Enzymen bestimmter Pilze orientiert. Diese ziehen sogenannte Xenobiotika aus dem Trinkwasser. Unter diesen Begriff fallen nicht nur Arzneimittel wie Hormone, Schmerzmittel und Antibiotika, sondern auch Röntgenkontrastmittel und bestimmte Industriechemikalien. Xenos bedeutet auf Griechisch „fremd“, Bios heißt Leben; Xenobiotika sind somit „dem Leben fremde Stoffe“, die der Mensch über das Abwasser in die Natur einbringt und die schon in geringen Konzentrationen die Umwelt schädigen können.

Doch bestimmte Ständerpilze (Basidiomyceten) sind auf dieses Problem spezialisiert: Um Lignin abzubauen, benötigen die auf Holz und Stroh wachsenden Pilze, eine Sonderausstattung aus Enzymen. Denn Lignin ist schwer zu knacken, da es aus phenolischen und miteinander komplexe Polymere bildenden Verbindungen besteht. Also produziert der Pilz Laccase, Peroxidase und Peroxygenase, deren Spezialität das Aufbrechen von aromatischen Ringstrukturen per Oxidation ist. Genau dieses benutzt er zur Elimination ganz besonderer Rückstände im Trinkwasser, die bisher nicht richtig zu entfernen waren: Bei einem Screening maßen die Forscher bei Sulfamethoxazol, Tramadol, Venlafaxin, Lidocain, Climbazol, Clopidogrel und Hydrochlorothiazid immerhin eine Konzentrationsabnahme von bis zu 50 Prozent. Bei Carbamazepin, Diclofenac, Valsartan, Bezafibrat, Furosemid, Chlorothiazid, Ibuprofen und Acesulfam war sogar ein Rückgang von 80 Prozent zu verzeichnen. Diese Resultate halten die Forscher für so erfolgreich, dass dieses Biofiltersystem demnächst auch unter Realbedingungen getestet werden soll.

Dr. Anett Werner, Projektleiterin an der TU Dresden, glaubt, dass Xenokat eine große Zukunft hat: „Die bestehenden dreistufigen kommunalen Wasser- und Abwasserreinigungsanlagen sind nur teilweise in der Lage, diese Schadstoffe herauszufiltern. Selbst moderne Anlagen können keine vollständige Reinigung leisten.“ Die Forscher wollen Xenokat weiterentwickeln, um noch weitere Xenobiotika zu erfassen.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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