Schmerzmittel | Migräne
MEDIKAMENTENINDUZIERTER KOPFSCHMERZ: NEUE LEITLINIE
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Etwa ein Prozent der Bevölkerung leidet an MOH. Bei chronischen Kopfschmerzen verschlimmern schätzungsweise 70 Prozent der Bevölkerung ihre Beschwerden durch Arzneimittel-Übergebrauch - in Deutschland sind das etwa eine halbe Million Menschen. "Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz ist ein häufiges Problem im klinischen Alltag", bestätigt auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Die European Academy of Neurology gab daher eine Leitlinie heraus, die die Spirale zwischen Kopfschmerz und Analgetika-Gebrauch aufhalten soll.
Wer ist betroffen?
Von MOH spricht man, wenn Betroffene an mehr als 15 Tagen im Monat Kopfschmerzen haben und diese mit mindestens einem Schmerzmittel länger als drei Monate therapieren. Für Migränepatienten gilt die Einnahme von Triptanen an mehr als zehn Tagen im Monat als MOH. "Besonders gefährdet, einen MOH zu entwickeln, sind Patienten, die an einer weiteren Schmerzerkrankung leiden, zum Beispiel chronischen Rückenschmerzen, oder Menschen mit schwerer Migräne", sagt die DGN. In Deutschland sind etwa eine halbe Million Menschen betroffen, hauptsächlich Migränepatienten.
Was besagt die Leitlinie?
Vor allem soll sie bei Ärzten ein Bewusstsein schaffen. Die wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung einer MOH ist, laut Leitlinie, eine umfassende Aufklärung. Seine Risikopatienten soll der Arzt oder Neurologe alle drei bis sechs Monate einbestellen."Es gibt Studien, die zeigen, dass ein Beratungsgespräch plus Informationsmaterial um einiges effektiver ist als das Informationsmaterial allein", so Professor Dr. Hans-Christoph Diener, DGN-Pressesprecher und Erstautor der Leitlinie. Dennoch reiche Aufklärung manchmal nicht aus: Sie sei zwar bei einfachen Schmerzmitteln und Triptanen zielführend, bei Opioiden, Barbituraten oder Tranquilizern empfehle die Leitlinie aber die Überweisung an ein Schmerzzentrum oder einen Kopfschmerzexperten.
"Grundsätzlich muss immer ein Entzug oder zumindest eine sanfte Reduzierung der Übergebrauchsmedikamente erfolgen, um den MOH langfristig zu therapieren", erklärt die DGN. Bei Migräne käme die Umstellung auf eine Therapie mit Botulinumtoxin oder monoklonalen Antikörpern in Frage, allerdings gibt die Leitlinie keine klare Anleitung für den Zeitpunkt des Therapiewechsels. "Im Prinzip ist es ratsam, die Patienten zunächst vom Schmerzmittel-Übergebrauch zu entwöhnen, bevor man diese spezifischen Migränemittel einsetzt, auch um beurteilen zu können, wie stark und häufig die Kopfschmerzen sind, wenn der MOH wegfällt. Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, dass gerade Patienten mit chronischer Migräne stark leidgeprüft sind und wir ihnen eine wirksame Medikation nicht über längere Zeit vorenthalten sollten", wägt Diener ab.
Die europäische Leitlinie "wird hoffentlich vielen Betroffenen zur Schmerzfreiheit oder zumindest einer deutlichen Verbesserung der Kopfschmerzen verhelfen", verspricht sich die DGN.
Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin
Quelle: Pharmazeutische Zeitung