Querschnitt des menschlichen Ohres.
Das Mittelohr ist besonders in den Wintermonaten anfällig für Entzündungen. © Rasi Bhadramani / iStock / Getty Images Plus

Otitis media acuta | Kinder

WAS BEI EINER MITTELOHRENTZÜNDUNG HILFT

Manche Kinder haben sie ständig, andere nie. Mittelohrentzündungen sind schmerzhaft – und treffen Kinder häufiger als Erwachsene. Aber warum eigentlich? Und wie lindert man die Beschwerden?

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Plötzlich sind da diese starken Ohrenschmerzen, es wird einem heiß und schwindlig, man will nur noch ins Bett. Die akute Mittelohrentzündung (Akute Otitis media) ist eine plötzlich auftretende Entzündung des Mittelohrs, die sich häufig in den Wintermonaten im Anschluss an einen Infekt der oberen Atemwege entwickelt – nach einer Erkältung zum Beispiel oder bei Kindern während oder nach einem Schnupfen.

Typische Symptome sind Ohrenschmerzen und, vor allem bei Kleinkindern, Fieber. Säuglinge und Kleinkinder zeigen zudem oft auch eher unspezifisch scheinende Symptome: leichte Durchfälle, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Unruhe. Darum sollten bei unklaren Schmerzen bei ihnen immer auch die Ohren untersucht werden.

Kinder, vor allem zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr, sind im Allgemeinen häufiger von der Mittelohrentzündung betroffen. Gründe dafür gibt es verschiedene, aber meist spielt die Ohrtrompete dabei eine Rolle. Diese verbindet Mittelohr und Rachenraum und endet in der Nähe der Rachenmandel – bei Kindern ist sie sehr eng und funktioniert noch nicht so wie bei Erwachsenen. Schwillt etwa die Rachenmandel an, kann sich die Mündung dieses Belüftungskanals verschieben oder ganz verstopfen.

Druck aufs Trommelfell
Einer Mittelohrentzündung geht häufig ein Schnupfen voraus. Angestautes Sekret kann zu einem Paukenerguss führen, einer Ansammlung von Flüssigkeit im Mittelohr. Diese wird zum Nährboden für Bakterien oder Viren und kann sich entzünden – der Erguss vermindert die Beweglichkeit des Trommelfells, was zur Folge hat, dass man auf dem betroffenen Ohr schlechter hören kann. Schwillt der Paukenerguss weiter an, nimmt der Druck auf das Trommelfell zu. Es wölbt sich nach außen, was sehr schmerzhaft sein kann. Mitunter reißt das Trommelfell. Das angestaute Sekret fließt nach außen ab. Die Schmerzen lassen sofort nach. Der Riss im Trommelfell schließt sich nach einigen Tagen von selbst.

Häufiger tritt die akute Mittelohrentzündung bei Kita-Kindern auf, wie HNO-Ärztin Linda Diederich sagt. Dabei spiele auch die Größe der Gruppe eine Rolle. Denn: „Wo mehr Kinder sind, besteht eine größere Ansteckungsgefahr“, erklärt die Oberärztin der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Charité Berlin. „Kinder haben in ihren ersten Kita-Jahren alle möglichen Infekte, das ist ganz normal. Oft haben sie eine normale Erkältung, aber Viren und Bakterien können leicht durch die noch relativ offene Ohrtrompete wandern und sich im Mittelohr festsetzen“, sagt Diederich.

Krankheit verschwindet in der Regel von selbst
Meist heilt das Ohr von selbst, wie sie sagt: „Die Erkrankung verläuft in der Regel selbsteliminierend, sodass eine pauschale Therapie mit Antibiotika nicht sinnvoll ist.“ Oft helfe es, ein oder zwei Tage abzuwarten und in dieser Zeit mit Nasentropfen den Ablauf der Keime zu verbessern. Gegen Schmerzen könne man Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen geben – als Zäpfchen oder Saft, altersgerecht dosiert natürlich. Bei Kleinkindern gebe man bei starken Schmerzen oder bei einer beidseitigen Entzündung zwar ein Antibiotikum, sagt die Ärztin. Aber für die allgemeine Resistenzentwicklung sei es besser, nicht so früh beziehungsweise gar keine Antibiotika zu verabreichen. Antibiotika könnten außerdem Nebenwirkungen wie Durchfall hervorrufen. In manchen Fällen seien Antibiotika aber sehr wohl sinnvoll, betont Diederich. So schützen sie zum Beispiel, wenn die Indikation stimmt, vor Komplikationen wie Hirnhautentzündungen oder Mastoiditis, einer Entzündung am Warzenfortsatz des Schläfenbeins.

Eine pauschale Therapie mit Antibiotika ist nicht sinnvoll.

Generell verbessert sich ihren Angaben nach bei rund drei von fünf Kindern der Allgemeinzustand nach 24 Stunden. Und nach zwei bis drei Tagen gehe es 80 Prozent der Kinder besser. Neben Medikamenten helfe bei Schmerzen vor allem viel Zuwendung und Ablenkung.

Säckchen mit Zwiebeln und Kamillenblüten
Eine beliebte Maßnahme bei Mittelohrentzündung ist das Auflegen von sogenannten Zwiebelsäckchen. Die Heilpraktikerin und Humanbiologin Isabell Wustlich aus Wolfratshausen (Bayern) hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht. „Gerade wenn die Otitis media zum ersten Mal auftritt, kann man gut naturheilkundlich eingreifen“, erklärt sie.

Für das Zwiebelsäckchen schneidet man Zwiebeln klein, packt sie in ein Tuch, legt das Päckchen zum Wärmen auf die Heizung und befestigt es mit einem Stirnband am betroffenen Ohr des Kindes. Auch mit Kamilleblütensäckchen könne eine leichte Mittelohrentzündung behandelt werden, so Wustlich. Hier werden die Blüten in ein dünnes Tuch gewickelt und mit Hilfe einer heißen Wärmflasche erhitzt. Das gut durchwärmte Säckchen wird auf das schmerzende Ohr gelegt. Bei älteren Kindern hilft möglicherweise ein Kamillendampfbad. Kamillenblüten werden in kochendes Wasser gegeben und zugedeckt für etwa fünf Minuten eingeweicht. Das betroffene Ohr wird für einige Minuten über den Kamillenblüten-Wasserdampf gehalten.

Alternativ abschwellend wirkten auch Kochsalz-Nasentropfen, homöopathische Nasensprays und -balsame oder das Inhalieren mit Kochsalzlösung, erklärt die Kinderheilpraktikerin. Bei den ganz Kleinen sollten besser Nasentropfen und keine Nasensprays gegeben werden, da letztere unter Umständen zu aggressiv wirken, rät sie.

Tubentraining zur Vorbeugung
Kinder, die bereits mehrere Mittelohrentzündungen im Jahr hatten, können laut der HNO-Ärztin Diederich im infektfreien Intervall ein Tubentraining mit Nasenballon durchführen. Dabei hält sich das Kind jeweils ein Nasenloch zu und bläst durch das andere Nasenloch in ein kleines Röhrchen, an dessen Ende ein Ballon befestigt ist. Das Kind bläst so mit einem Nasenloch also einen Ballon auf.

Effekt: Durch den erhöhten Naseninnendruck soll die Verbindung zwischen Nase und Ohr trainiert oder wieder geöffnet, die Paukenhöhle belüftet und das Hörvermögen verbessert werden.

Vorbeugend kann man einer Mittelohrentzündung laut Diederich entgegenwirken, indem auf den Schnuller verzichtet. Denn durch die Mechanik beim Saugen bleibt die Ohrtube länger offen. Außerdem wirke sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen ab 60 Jahren die Impfung gegen Pneumokokken protektiv, erklärt sie. Bei Erwachsenen kann auch die Influenza-Impfung davor schützen.

Quelle: dpa

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