Hand greift nach Wasserglas, wird von anderer Hand gestützt, weil sie zittert
Ein Tremor kann schon einfachste Alltagsbewegungen einschränken. © Astrid860 / iStock / Getty Images Plus

Neurologie | Parkinsontherapie

CALCIUM-KANÄLE AUSSCHALTEN, PARKINSON AUSSCHALTEN

Bei der neurodegenerativen Erkrankung Parkinson führt das Absterben dopaminproduzierender Nervenzellen zu einem Ungleichgewicht der Neurotransmitter, vor allem der Dopaminmangel wird für das Voranschreiten der Krankheit verantwortlich gemacht. Und genau hier wollen Wissenschaftler nun eingreifen.

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Bislang gibt es für Parkinson keine kausale Therapie, lediglich der Krankheitsverlauf kann positiv beeinflusst werden, was jedoch häufig mit starken unerwünschten Wirkungen einhergeht. Auch die genauen pathophysiologischen Abläufe sind noch unklar, jedoch gilt als bewiesen, dass der Dopaminmangel, vor allem durch das Absterben dopaminproduzierender Neuronen in der schwarzen Hirnsubstanz, zu den typischen Bewegungsstörungen wie Tremor oder Körpersteifheit führt. Daher zielen die meisten therapeutischen Maßnahmen darauf ab, die Dopaminspiegel im ZNS zu erhöhen. Forscherinnen und Forscher der Universität Ulm um Professorin Birgit Liss, Leiterin des Instituts für Angewandte Physiologie, haben sich nun das Absterben und die Empfindlichkeit dieser Neuronen angesehen und einen Calcium-Kanal vom R-Typ (Cav2.3) identifiziert, der an den Prozessen beteiligt ist.

„Wir haben zusammen mit unseren Kooperationspartnern herausgefunden, dass dieser Kanal, der zuvor noch nicht mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht wurde, wichtig für die Funktion der empfindlichen Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn ist. Dieser Kanal lässt in bestimmten Abständen Calcium in die Zellen. Wird er aber geschlossen, schützt dies im Parkinson-Mausmodell die Nervenzellen vor dem Absterben“, erklärt Liss. „Unsere Untersuchungen an Nervenzellen von Parkinson-Patienten zeigen, dass der Cav2.3-Kanal auch beim Menschen wichtig ist und in ähnliche Signalkaskaden involviert scheint, wie im Mausmodell“, sagt die Erstautorin Julia Benkert, die am Institut für Angewandte Physiologie promoviert. „Der Cav2.3-Kanal wird durch die Aktivität der empfindlichen Neuronen geöffnet und geschlossen und vermittelt so zeitweise erhöhte Calciumspiegel in den Zellen“, beschreibt Peter Kloppenburg, Professor für Neurophysiologie am Institut für Zoologie und dem Forschungszentrum CECAD der Universität zu Köln.

Der Ansatz, über eine Modulation der Calciumspiegel eine Verbesserung der Parkinson-Prognose zu erreichen, ist nicht neu. Kürzlich scheiterte der Calciumantagonist vom Dihydropyridin-Typ Isradipin. Die Phase-III-Studie konnte zeigen, dass das Antihypertonikum keinen Schutz für Parkinson-Patienten mit sich brachte. Vielleicht weil er einen anderen Typ Calcium-Kanal beeinflusst? „Die Gründe dafür können vielfältig sein – unsere neuen Befunde könnten eine Erklärung dafür liefern“, erklären die Forschenden. Ihr erklärtes Ziel: Künftig durch das Ausschalten von Cav2.3-Kanälen – allein oder in Kombination mit anderen Calcium-Kanälen – eine Neuroprotektion für Parkinson-Betroffene zu schaffen, um das Voranschreiten der Krankheit zu verlangsamen oder gar aufzuhalten.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: DeutschesGesundheitsPortal

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