Ebola | Gesundheit
FORSCHER SEHEN ERHÖHTES AUSBRUCHS-RISIKO
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Das Ebola-Virus gehört der Sorte von Erregern an, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden kann und umgekehrt. Die Erkrankung ist also eine sogenannte Zoonose. Das höchst ansteckende Virus aus der Familie der Filoviren vervielfältigt sich wahrscheinlich vorrangig in Fledermäusen und Flughunden. In der Folge kann der Virus dann auf den Menschen übergehen und ein hämorrhagisches Fieber auslösen, das meist verheerende Folgen hat. Bei der Ebola-Epidemie 2014/2015, die in Westafrika ausbrach, starben mehr als 11.000 Menschen an dem Erreger. Im Kongo gibt es nun seit nunmehr gut einem Jahr nach Angaben der WHO einen neuen Ebola-Ausbruch. Bislang fielen der Epidemie mehr als 2000 Menschen zum Opfer. Die Frage, die sich viele Forscher nun stellen, ist, wie es zu solchen Ausbrüchen kommt und was letztlich auch den Verlauf beeinflusst.
David Redding und seine Kollegen vom University College in London sind der Ansicht, dass die letzten Ebola-Epidemien durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausgelöst und verbreitet wurden. Einflussreiche Faktoren sind unter anderem: Wie geht es den tierischen Wirten des Erregers, wie häufig kommen diese mit Menschen in Kontakt und wie gut funktionieren Gesundheitsversorgung und Krankheitseindämmung in dem betroffenen Gebiet? In früheren Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass es mögliche Zusammenhänge zwischen Ebola-Seuchen und ungewöhnlichen Variationen in den Regen- und Trockenzeiten gibt. Zudem scheint es so zu sein, dass bestimmte kulturelle Praktiken, etwa bei Beerdigungen, die Verbreitung des Erregers fördern.
„Es ist von entscheidender Wichtigkeit, die Mechanismen hinter der Ausbreitung von Zoonosen wie Ebola zu verstehen, um Ausbrüche besser vorhersagen und Leben retten zu können“, erklärt Redding. Allerdings ist es aktuell so, dass man zu wenig Informationen darüber hat, wie sich sozioökonomische Entwicklungen, wie beispielsweise Klima, Demografie oder auch die Landnutzung auf den Erreger und somit auch auf die Krankheit auswirken. Daher hat das Forscherteam um Redding nun ein mathematisches Modell entwickelt, das Licht ins Dunkel bringen soll. Das entwickelte Prognosetool berücksichtigt eine Vielzahl von Einflussfaktoren, anhand derer das Ebola-Risiko für eine bestimmte Region berechnet werden kann. Die Prognosen, die dadurch entstehen, beziehen sich auf das Zaire-Ebolavirus, dass für den Ausbruch 2014/2015 in Westafrika verantwortlich war.
Simulationen zeigen nun das gegenwärtige Risiko und die Verlässlichkeit ist enorm. Als Hoch-Risiko-Gebiete wurden diejenigen Gebiete identifiziert, die bereits in den vergangenen Jahren Zentrum des Ausbruchs gewesen waren, unter anderem Kongo, Westafrika und Gabun. Allerdings ergaben die Berechnungen auch, dass weitere Gebiete ein erhöhtes Risiko aufweisen, wo bislang noch kein Ausbruch stattgefunden hat, wie beispielsweise Nigeria. Die Forscher sind nun in einem weiteren Schritt der Frage nachgegangen, wie sich das Risiko für Ebola-Epidemien künftig verändern wird. Hierfür werden die potenziellen Umweltveränderungen und gesellschaftlichen Bedingungen der Zukunft simuliert und herangezogen.
„Unsere Simulationen legen nahe, dass die meisten Szenarien mit einem Anstieg der Ebola-Fälle in Afrika verbunden sind“, erklären die Forscher. Laut den Daten könnte die Rate der Übertragungen von Tieren auf den Menschen bis 2070 um das 1,75- bis 3,2-Fache steigen und auch die von der Krankheit betroffene Fläche könnte weiter wachsen. Es zeigt sich, dass Faktoren wie der Klimawandel und gesellschaftliche Probleme die Ebola-Gefahr vergrößern. In simulierten Szenarien wird deutlich, dass mit einer nur langsamen sozioökonomischen Entwicklung und einer starken globalen Erwärmung ein vierfach höheres Risiko für durch Spillover-Ereignisse ausgelöste Ebola-Ausbrüche vorliegt. „Das Ebola-Risiko scheint sich in zukünftigen, stärker vom Klimawandel geprägten Versionen unseres Planeten zu verschlimmern“, so Reddings Kollegin Kate Jones. Ein Faktor könnte sein, dass sich durch höhere Temperaturen und mehr Feuchtigkeit die Lebensbedingungen für die tierischen Reservoire der Viren verbessern.
Diese Erkenntnis verspricht keine guten Aussichten. Doch die Forscher ziehen auch positive Erkenntnisse aus der Simulation: „Wenn Gesellschaften zusammenarbeiten, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern, kann das das zukünftige Risiko deutlich reduzieren“, so Jones. „Damit ergibt sich eine wichtige Möglichkeit, Krankheitsfälle zu verhindern.“ Forscher sind der Meinung, dass dies einfacher zu bewältigen ist, als eine Entschärfung des Klimawandels. „Bemühungen, die Armut in Zentral- und Westafrika zu verringern und die Ressourcen für die Gesundheitsversorgung aufzustocken, scheinen daher der realistischste Ansatz zu sein, um das Krankheitsrisiko durch Ebola zu minimieren“, so die Wissenschaftler. Wenn es nach den Wissenschaftlern geht, soll dieses Modell dazu beitragen, die Prioritätensetzung der Entscheidungsträger entscheidend zu verändern. Das Modell könnte aufzeigen, wo Verbesserungen der gesundheitlichen Infrastruktur besonders dringend nötig sind oder in welchen Gebieten eine intensive Krankheitsüberwachung ratsam ist.
Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion
Quelle: www.wissenschaft.de
David Redding (University College London) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-12499-6