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- 1Immunsystem
- 2Lebensimpfstoff
- 3Totimpfstoff
- 4Impfverhalten
- 5Schwangerschaft und Stillzeit
- 6Fortbildung
01. März 2020
Totimpfstoff Alle Totimpfstoffe enthalten nicht mehr reproduktionsfähige Krankheitserreger oder deren Bestandteile. Ein langanhaltender Impfschutz kann nur durch mehrere Teilimpfungen mit entsprechendem Impfabstand erreicht werden. Totimpfstoffe können ohne Zeitabstand mit allen anderen Impfungen kombiniert werden. Meist erfolgt die Injektion in den Schultermuskel, nur bei Säuglingen wird in den seitlichen Oberschenkelmuskel geimpft. Totimpfstoffe können in Ganzpartikel-, Spalt-, Konjugat- und Toxoidimpfstoffe unterschieden werden. Der Ganzpartikelimpfstoff enthält chemisch inaktivierte Pathogene. Der Choleraimpfstoff, der Hepatitis-A-Impfstoff, der Tollwutimpfstoff und der Polioimpfstoff sind solche Ganzpartikelimpfstoffe. Spaltimpfstoffe werden auch als Spaltvakzine bezeichnet. Durch Einwirkung von Tensiden oder polaren organischen Lösungsmitteln kommt es zur Fixierung und Auflösung der Lipiddoppelschicht der Erreger. Manche Influenzaimpfstoffe sind Spaltvakzine.
Konjugatimpfstoffe enthalten ein Antigen, das an ein Protein gebunden wurde. So sind beispielsweise Kapselpolysaccharide der Bakterienhülle an Trägerproteine konjugiert. Derart aufbereitete Impfstoffe sind in der Lage im Vergleich zum unkonjugierten Antigen eine stärkere und länger anhaltende Immunantwort zu erzeugen. Für die HIB-Impfung (Haemophilus influenzae b-Infektion), manche Pneumokokken-Impfstoffe und manche Meningokokken- Impfstoffe stehen Konjugatimpfstoffe zur Verfügung. Bei der Herstellung von Adsorbatimpfstoffen werden zur Erhöhung der Impfantwort die Antigene oder Antigenbestandteile an Adsorptionsmittel wie Aluminiumhydroxid, Aluminiumphosphat oder Calciumphosphat gebunden, wodurch eine verstärkte Antikörperbildung auf die verzögerte Abgabe des Antigens erreicht wird. Adsorbatimpfstoffe sind die Impfstoffe gegen FSME, Diphtherie, Tetanus und Hepatitis B.
Zur Abgrenzung enthalten Toxoidimpfstoffe nicht den abgeschwächten Erreger oder Teile von ihm, sondern ein chemisch unschädlich gemachtes Toxin, das sogenannte Toxoid. Sie werden in speziellen Herstellungsverfahren hergestellt. Hierbei werden die Toxine durch chemische Reaktionen sozusagen „entgiftet“. Resultat sind Toxoide, die nun ihre Infektiosität verloren haben, aber dennoch die sogenannte determinante Gruppe tragen, die aufgrund ihres Antigen-Charakters das Immunsystem zur Produktion von Antikörpern gegen das Toxin anregen kann. Die Diphterie- und Tetanus-Impfstoff sind Toxoidimpfstoffe.
IMPFSCHEMA
Die Grundimmunisierung (G) erfolgt durch eine oder mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Impfungen. Damit wird eine belastbare Immunität aufgebaut, also ein ausreichender Antikörpertiter erreicht, der für den Aufbau eines stabilen Immunschutzes notwendig ist. Falls kein lebenslanger Schutz, sondern nur eine temporäre Immunität aufgebaut werden kann, muss zum Erreichen des lebenslangen Immunschutzes regelmäßig aufgefrischt werden. In diesen Fällen sind Auffrischimpfungen (A) Erinnerungen für das Immunsystems. Sie erfolgen in größeren zeitlichen Abständen zur vollständigen Grundimmunisierung und dienen der erneuten Verstärkung der Immunantwort des Organismus. Bei Menschen mit unvollständigem, nicht bekanntem oder nicht dokumentiertem Impfstatus wird zur Nachholimpfung (N) geraten. Eine Standardimpfung (S) ist eine für alle Menschen gemäß aktueller STIKO-Empfehlungen angeratene Impfung. Bei einer Indikationsimpfung (I) handelt es sich um eine Impfung von Personen, die individuell einem erhöhtem Expositions-, Erkrankungsoder Komplikationsrisiko ausgesetzt sind. Reiseimpfungen (R) sind Impfungen, die bei Reisen in bestimmte Länder oder Regionen empfohlen oder verpflichtend sind. Personen, deren Beruf mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden ist, wird eine berufsbedingte Impfung (B) empfohlen. Auf den Internetseiten des Robert Koch Instituts können die Impfschemata, die sich meist nach den verwendeten Impfstoffen richten, genau nachgelesen werden. <link www.rki.de de content infekt impfen stichwortliste>
www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Stichwortliste/ Stichwortliste_node.html
Passive Immunisierung Zur passiven Immunisierung wird ein Serum eingesetzt. Sera sind Zubereitungen, die aus Blut, Organen, Organteilen oder Organsekreten gesunder, kranker, krank gewesener oder immunisatorisch vorbehandelter Lebewesen gewonnen werden. Ein Serum enthält spezifische Antikörper. Passiv deswegen, weil es im Organismus nicht die Bildung von Memory-cells anregt und damit nicht zu einer langfristigen Immunisierung führt. Daher sind sie im engeren Sinn keine echte Impfung. Ihre Schutzwirkung tritt jedoch sofort ein und hält bis zum Abbau der verabreichten Antikörper circa vier Wochen an. Indiziert sind sie nach Exposition als akute therapeutische Maßnahme, um eine schnelle Erregereliminierung zu erreichen. So wird zum Beispiel bei einer Infektion mit Masern oder Röteln während der Schwangerschaft oder beim Verdacht auf eine Tetanus-Infektion bei ungeklärtem Impfstatus passiv geimpft. Je nach Präparat werden Sera intramuskulär (i.m.) oder intravenös (i.v.) appliziert.
Eine Kombination von Seren mit Lebendimpfstoffen ist nicht möglich, da die enthaltenen Antikörper, die Lebendimpfstoffe inaktivieren können. Deshalb ist erst nach Abstand von zwei Wochen nach einer Lebendimpfung eine Passivimpfung möglich. Umgekehrt muss nach einer Passivimpfung in der Regel drei Monate gewartete werden, bis eine Lebendimpfung verabreicht werden darf. Der Erwerb sowie die Abgabe von Fertigarzneimitteln (FAM), welche Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil nach AMG § 4 Absatz 3 (Arzneimittelgesetz) zur passiven Immunisierung enthalten, sind dokumentationspflichtig. Beim Erwerb sind neben Name und Anschrift des Lieferanten beziehungsweise der Firma oder des Herstellers, von dem das FAM geliefert wurde, speziell die genaue Bezeichnung des FAM mit zugehöriger Chargenbezeichnung zu vermerken. Bei Abgabe muss auch die genaue Bezeichnung des FAM mit zugehöriger Chargenbezeichnung, Name und Anschrift des verordnenden Arztes und Name, Anschrift und Geburtsdatum des Patienten dokumentiert werden. Die Dokumentationen müssen 30 Jahre in der Apotheke aufgehoben werden.
KONTRAINDIKATION FÜR IMPFUNGEN – JA ODER NEIN?
Kontraindikationen sind:
+schwere, akute Erkrankung
+ Infekt mit Fieber über 38,5°C
+allergische Reaktion im zeitlichen Zusammenhang mit vorausgegangenen Impfungen
+Allergie gegen Bestandteile eines Impfstoffes (Achtung: Neomycin, Streptomycin und Hühnereiweiß)
keine Kontraindikationen sind:
+banale Infekte mit leichter Erhöhung der Körpertemperatur (< 38,5°C)
+Fieberkrämpfe in der Anamnese (Vorgeschichte)
+Epilepsie in der Familienanamnese
+Antibiotikatherapie
+niedrigdosierte Therapie mit Corticosteroiden
+Ekzeme und andere Dermatosen
+Frühgeburtlichkeit