Virus-Mutationen | Forschung
VAKZINE AN VARIANTEN ANPASSEN
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Die zugelassenen Impfstoffe schützen nach aktuellem Wissensstand auch vor der britischen Virus-Variante. Für die Mutationen aus Südafrika und Brasilien ist das fraglich. Bei ihnen sorgt eine Veränderung am Spike-Protein des Virus dafür, dass sie Antikörpern entkommen. Eine Studie der Firma Novavax zeigte: Während ihr Impfstoff gegenüber der klassischen Virusvariante zu 95 Prozent wirksam ist, erzielt sie bei der südafrikanischen B.1.351-Variante nur 50 Prozent. Das ist so gravierend, dass Wissenschaftler sich nicht mehr fragen, ob sie Impfstoffe an Mutationen anpassen müssen – sondern wie und wie oft.
Wann und wie oft aktualisieren?
Und hier gehen die Ansichten auseinander. Professor Dr. Paul Bieniasz, Virologe an der Rockefeller Universität in New York City, sagt: „Ich würde die Impfstoffe jetzt sicher nicht aktualisieren.“ Professor Dr. Kanta Subbarao, Leiterin des WHO Collaborating Centre for Reference and Research on Inflluenza, denkt an ein saisonales Impfschema - wie gegen die Grippe.
Wie aktualisieren Hersteller ihren Impfstoff?
Die meisten Impfstoffe richten sich gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2, genau an diesem sitzen jedoch die kritischen Mutationen. Bei mRNA-Impfstoffen ersetzen Hersteller die Erbgutsequenz an der entsprechenden Stelle durch die neue Information. Denkbar ist, beide Varianten in einem multivalenten Impfstoff zu applizieren. Moderna entwickelt bereits eine Vakzine gegen die südafrikanische Variante. Curevac und Glaxo Smith Kline kündigten ebenfalls an, sofort an modifizierten Vakzinen arbeiten zu wollen.
Andere Hersteller ziehen in Betracht, statt des Spike-Proteins andere Virusstrukturen zu adressieren. Allerdings hat sich in Untersuchungen mit Rekonvaleszenten-Serum herausgestellt, dass diese Methode ineffektiver gegen Virusvarianten ist.
Neue Studien nötig
Für solche abgewandelten Vakzinen muss feststehen, dass sie genauso sicher wie die ursprünglichen Impfstoffe sind. Professor Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, betont: Bei den mRNA-Impfstoffen gelte die Zulassung nur für eine spezifische mRNA. Das bedeutet, jede Korrektur erfordert klinische Tests und eine Zulassungserweiterung. Bei den saisonalen Grippeimpfstoffen ist das anders: Wegen der langjährigen Erfahrung verzichten die Aufsichtsbehörden hier auf klinische Studien. Wie viele Daten hierzu nötig sind, ist unklar. Moderna schätzt die Probandenanzahl eher auf Hunderte als auf Tausende. Auch dann vergingen von der Entwicklung bis zur Zulassung noch etwa fünf Monate.
Wirksamkeit
Offen ist, wie stabil die Immunantwort auf die Impfstoff-Varianten sein wird. Wenn Menschen die komplette Grundimmunisierung gegen eine Virusvariante erhalten haben, ist der Schutz vor anderen Varianten teilweise schwächer. Anders bei RNA-Vakzinen: Sie lösen eine komplexe Immunantwort aus, bei der auch Antikörper gegen Bereiche des Spike-Proteins entstehen, die andere Impfstoffe nicht als Zielstruktur erkennen. Möglicherweise bedeutet das auch eine wirksamere Folgeimpfung. Denkbar ist außerdem, dass Booster mit den bisherigen Impfstoffen ausreichen, um die Immunantwort gegen Virusvarianten zu verstärken.
Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin
Quelle: Pharmazeutische Zeitung