Gefahr für Schwangere
TOXOPLASMOSE
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Eine junge Frau betritt etwas ratlos die Apotheke. Sie ist in der sechsten Woche schwanger und bittet um Informationen. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sie gelesen hat, dass man sich in der Schwangerschaft über Katzen an der für das Kind gefährlichen Infektionskrankheit „Toxoplasmose“ anstecken kann. Da sie seit vielen Jahren Katzenbesitzerin ist, kann sie sich nur schwer mit dem Gedanken anfreunden, ihr Haustier wegzugeben, so wie es ihr von einer Freundin angeraten wurde. Nun möchte sie sich vor dem anstehenden Besuch beim Gynäkologen Rat in der Apotheke holen – doch wie beraten Sie die Kundin umfassend zu dieser Thematik?
Parasitäre Erkrankung Die Toxoplasmose ist eine Infektion des Erregers Toxoplasma gondii, die Menschen und Tiere betreffen kann. Endwirt des einzelligen Parasiten sind ausschließlich Katzen oder katzenartige Tiere. Zwischenwirte sind meistens kleine Beutetiere, zum Beispiel Ratten oder Mäuse, die von jagenden Katzen gefressen werden können. Der Entwicklungszyklus verläuft in drei Infektionsstadien:
- Sporozoit in Oozysten
- Tachyzoit (aktives Vermehrungsstadium in End- und Zwischenwirt)
- Bradyzoit (Ruhestadium in Gewebezysten in End- und Zwischenwirt)
Der Weg der Infektion verläuft bei der Katze fast immer über die orale Aufnahme von infizierten Kleinnagern oder rohem Fleisch, das Gewebezysten enthält. Die infizierte Katze scheidet dann Oozysten (Eier) über den Kot aus und ist damit „Ausscheider“. Klinische Symptome sind nur selten zu beobachten. Typisch ist eine leichte Diarrhö. In seltenen Fällen läuft der Entwicklungszyklus der Toxoplasmen nicht im Darm, sondern in der Muskulatur oder im Zentralnervensystem ab. Dann treten schwere neurologische oder muskuläre Beschwerden auf.
Infektion des Menschen Nur sehr selten infiziert sich ein Mensch über die Ausscheidungen einer erkrankten Katze. In den weitaus häufigeren Fällen erfolgt die Infektion über die orale Aufnahme von Oozysten durch Kontakt mit Kontaminationen der Umgebung. So ist der Verzehr von rohem Fleisch, zum Beispiel als Tartar, unbehandelter Milch, ungewaschenem Obst oder Gemüse eine häufige Infektionsquelle. Auch ist eine Ansteckung zum Beispiel bei der Gartenarbeit möglich. Im Gegensatz zur Katze wird der Mensch nicht zum Ausscheider von Oozysten. Er ist sozusagen ein „Fehlwirt“. Die Infektion führt zu einer lebenslangen Immunität.
Bei Kontakt mit Katzenkot (Reinigung der Katzentoilette) oder möglicherweise damit kontaminierten
Gegenständen immer Handschuhe tragen. Foto: © Klaus Eppele/www.fotolia.com
Bei gesunden Menschen führt die Erstinfektion in der Regel nicht zu schwerwiegenden klinischen Symptomen. Es können unter Umständen grippeartige Beschwerden auftreten. Es gibt jedoch keine eindeutige Symptomatik. Eine klare Diagnosestellung erfolgt nur über die Antikörperbestimmung. Gefährdet sind immunsupprimierte Menschen wie HIV-infizierte Personen, Patienten, die mit Immunsuppressiva behandelt werden oder Antikörper-Titer negative schwangere Frauen.
Schwangerschaft Genaue Zahlen, wie viele Frauen sich in der Schwangerschaft erstmalig mit Toxoplasmoseerregern infizieren und dann ihr ungeborenes Kind anstecken, existieren nicht. Es wird geschätzt, dass etwa bei 0,1 bis 0,6 Prozent eine Toxoplasmose-Erstinfektion auftritt. Circa ein Drittel der Betroffenen überträgt den Parasiten auf das Kind. Von 10 000 Neugeborenen sind schätzungsweise ein bis zehn Kinder Toxoplasmose-positiv.
Eine Infektion in der ersten Hälfte der Schwangerschaft kann bei Frauen mit einem negativen Antikörperstatus zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen des Fetus oder sogar zum Abort führen. In Deutschland haben etwa 80 Prozent der Erwachsenen einen positiven Antikörperbefund als Zeichen einer durchgemachten Infektion. Ein Antikörpertest kann nach Feststellung der Schwangerschaft beim Gynäkologen auf Wunsch durchgeführt werden. Der Toxoplasmosetest ist eine Blutuntersuchung, die nur bei Schwangeren mit Infektionsverdacht zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherungen gehört. Spricht der behandelnde Arzt keinen begründeten Verdacht auf eine Infektion aus, wird der Test der gesetzlich Versicherten als „Individuelle Gesundheitsleistung“ (IGeL) angeboten, die sie selbst bezahlen muss.
Die Blutuntersuchung gibt jedoch keinen Hinweis, ob es sich um eine frische oder eine alte Toxoplasmoseinfektion handelt. Eine generelle Behandlung ist nicht sinnvoll. In der Regel werden nach einem ersten positiven Befund weitere Blutproben speziell untersucht, über Antikörperprofile werden Wahrscheinlichkeiten einer frischen Infektion abgeleitet. Tatsächlich sind von Toxoplasmoseinfektionen eher Frauen betroffen, die keine Katzen haben, da bei den Risikopersonen häufig schon vor der Schwangerschaft ein positiver Titer besteht. Bei fehlendem Antikörper-Titer sollten bestimmte Schutzmaßnahmen zur Vermeidung einer Infektion getroffen werden.
Therapie der Toxoplasmose Bei Erkennen einer Toxoplasmoseinfektion ist auch in der Schwangerschaft eine wirksame Therapie abhängig von der jeweiligen Schwangerschaftswoche möglich. Je früher begonnen wird, desto geringer ist die Gefahr einer Schädigung des Kindes. Bis zur 16. Schwangerschaftswoche ist Spiramycin das Mittel der Wahl. Danach empfiehlt sich eine Kombination aus Sulfadiazin, Pyrimethamin und Folinsäure, die in Zyklen von jeweils vier Wochen Dauer gegeben wird, mit darauf folgendem vierwöchigem freiem Intervall. In dieser Zeit führt der behandelnde Arzt engmaschige Blutbildkontrollen durch, mit besonderem Augenmerk auf den Leberfunktionswerten.
ALLGEMEINE VORSICHTSMASSNAHMEN
+ Bei Arbeiten mit Kontakt durch mit Katzenkot kontaminiertem Material (Gartenarbeit, Reinigung der Katzentoilette) Handschuhe tragen
+ Katzentoilette mindestens einmal täglich reinigen
+ Mit Katzenkot kontaminierte Gegenstände mit 10%-igem Ammoniak, kochendem Wasser oder Wasserdampf desinfizieren
+ Für Katzen zugängliche Kinder-Sandkästen abdecken
+ Gemüse und Obst vor Verzehr gründlich waschen oder schälen
+ Nach Zubereitung von rohem Fleisch gründlich die Hände waschen
+ Kein Verzehr von rohem Fleisch(Mett, halbgares Fleisch)
Quelle:“Infektionskrankheiten der Katze” von Katrin Hartmann, Jutta Hein. Schlütersche
Verlagsgesellschaft mbH, 2008
Katze ja oder nein? Die Abschaffung einer im Haushalt lebenden Katze ist nicht erforderlich, solange eine Antikörper-negative schwangere Frau gewisse Vorsichtsmaßnahmen beim Umgang einhält. Sie sollte bei Kontakt mit Katzenkot (Reinigung der Katzentoilette) oder möglicherweise damit kontaminierten Gegenständen immer Handschuhe tragen. Die Katzentoilette sollte mindestens einmal täglich gereinigt werden, da die Oozysten im Kot erst nach ein bis fünf Tagen zu infektiösen Stadien werden und frischer Kot ungefährlich ist.
Die Katze kann außerdem beim Tierarzt auf Antikörper im Blut untersucht werden. Mit einer Kotuntersuchung ist darüber hinaus diagnostizierbar, ob die Katze „Ausscheider“ ist. Falls im Kot sicher Oozysten nachgewiesen wurden, stellt die Katze ein potenzielles Infektionsrisiko dar und es sollten entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Ein negativer Nachweis schließt eine Infektion der Katze nicht vollständig aus und sollte wiederholt werden.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 52.
Dr. Verena Johann-vor-der-Brüggen, Tierärztin