Medizingeschichten
5. DEZEMBER: HEISENBERGS GEBURTSTAG
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Am 5. Dezember 1901 bekamen August Heisenberg, Fachmann für das längst versunkene byzantinische Reich, und seine Frau Annie ein ganz besonderes Kind: Werner Karl, so sein Name, sollte einmal Generationen von Chemieschülern ins Schwitzen bringen mit einer schwer fassbaren Theorie. Eigentlich wollte Werner Heisenberg nach dem Abitur Mathe studieren, daraus wurde aber nichts. Und so studierte er eben Physik, gleich in der Mindeststudienzeit von drei Jahren. Wenig später traf er Niels Bohr, dessen Bohrsches Atommodell immer zuerst im Chemieunterricht drankommt. Ein Atom hat bei Bohr genau definierte Schalen, die wie ein Orbit um das Zentrum kreisen, und jede Kreisbahn ist besetzt von genau abgezählten Elektronen. Alles hat seinen Platz und seine Zahl, nichts ist unscharf.
Doch Werner Heisenberg dachte anders. In seiner mündlichen Doktorprüfung fiel er beinahe durch. Eine der Fragen, an denen dies lag, handelte vom Auflösungsvermögen des Mikroskops und anderer optischer Instrumente. Gottseidank hatte er wohlwollende Professoren. Heisenberg nutzte die Unschärfe seiner Instrumente zu einem Gedankenspiel, dachte dabei ein wenig an die Quantenphysik – was Naturwissenschaftler eben so denken, wenn ihr Geist gekitzelt wird:
Was, wenn man gar nicht genau sagen kann, wo sich ein Elektron auf den Schalen rund um das Atom gerade befindet? Diese Frage stellte sich der junge Physiker, der daraufhin zusammen mit zwei Mitstreitern die theoretische Quantenmechanik begründete. Anscheinend mit Erfolg, denn mit nur 25 Jahren wurde Heisenberg als Professor an die Universität Leipzig berufen.
Und nun hier der Satz, für den der junge Mann später den Nobelpreis erhielt:
Es ist physikalisch unmöglich, Ort und Impuls eines Elektrons für den gleichen Zeitpunkt mit absoluter Genauigkeit zu bestimmen.
Zwei komplementäre Eigenschaften eines Teilchens (beispielsweise Ort und Energie) sind nicht gleichzeitig genau bestimmbar – und das liegt nicht an der Technik der Instrumente, sondern ist prinzipieller Natur. Der Lehrsatz ging als „Heisenbergsche Unschärferelation“ in die Physikgeschichte ein und damit in die Köpfe der Chemieschüler, die nun seit Jahrzehnten versuchen, ihn mit dem Bohrschen Atommodell in Einklang zu bringen (was nicht geht).
Der freundliche, gesellige und naturverbundene Gelehrte spielte leidenschaftlich gern Cello und war ein Familienmensch. Mit seiner Frau Elisabeth hatte er sieben Kinder, die – der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – teilweise denselben Weg wie der Vater einschlugen. Nur Albert Einstein fand die Idee seines Kollegen nicht so gut, was in dem bekannten Satz gipfelte: „Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der Alte (Gott) nicht würfelt.“ Beide Wissenschaftler erhielten später den Nobelpreis. Bei ihren widersprüchlichen Ansichten auch hier eine gewisse Unschärfe. Und Walter White hatte seinen Spitznamen weg.
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Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin