Impfung | Nebenwirkungen
PARACETAMOL-PROPHYLAXE: SINNVOLL ODER SCHÄDLICH?
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In den sozialen Medien bin ich neulich auf Folgendes gestoßen: Ärzte aus Impfzentren sollen den Hinweis geben, man könne mit Paracetamol möglichen Impfnebenwirkungen vorbeugen. Als Dosierung werde ein Gramm zwei Stunden vor der Impfung empfohlen, dann jeweils ein weiteres Gramm alle acht Stunden über zwei Tage. Das ist ein hochdosiertes Einnahme-Schema, es liegt jedoch noch innerhalb der Maximaldosierung von viermal täglich zwei 500-Milligramm-Tabletten. Nur, so die Diskussion in den Kommentarspalten: Schwächt das nicht die Immunantwort?
Impfreaktion nötig?
Eine tschechische Studie aus dem Jahr 2009 untersuchte die Frage, ob die vorbeugende Gabe von Paracetamol die Immunantwort einschränkt. 459 Kinder erhielten eine Immunisierung gegen Pneumokokken, Hämophilus influenza Typ B, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hepatitis B, Polio und Rotaviren. Die Hälfte der Kinder erhielt vorsorglich Paracetamol-Zäpfchen, die andere Hälfte nicht.
Zwar kam es nur bei 42 Prozent der Paracetamol-Gruppe zu Fieber (in der Vergleichsgruppe 66 Prozent), allerdings bildeten die Impflinge auch signifikant weniger Antikörper gegen Pneumokokken, Hämophilus influenza, Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten. Warum das so ist, ließ sich bislang nicht klären. Möglicherweise liegt es daran, dass für eine Immunantwort dendritische Zellen, B- und T-Zellen frühzeitig interagieren müssen. Unterdrückt Paracetamol entzündliche Signale, könnte diese Interaktion beeinträchtigt werden.
Und beim AstraZeneca-Impfstoff? Das große Aber
Während der Zulassungsstudien hat AstraZeneca an einer Gruppe von 113 Probanden (aus der Verum- und der Kontrollgruppe) untersucht, wie die prophylaktische Einnahme von Paracetamol die Impfung beeinflusst. Wie erwartet dämpfte das Arzneimittel typische Impfreaktionen: 61 statt 68 Prozent klagen über Kopfschmerzen, 48 statt 60 Prozent über Muskelschmerzen und nur 36 statt 51 Prozent fühlten sich fiebrig. Die vielleicht wichtigste Erkenntnis daraus: Die Impfung war genauso wirksam, es bildeten sich ausreichend Antikörper. In der im Lancet veröffentlichten Studie heißt es:
Die Immunogenität bei denjenigen, denen die prophylaktische Einnahme von Paracetamol empfohlen wurde, war ähnlich wie bei denjenigen, denen die prophylaktische Einnahme nicht empfohlen wurde.
Demnach spräche nichts gegen eine prophylaktische Einnahme. Anders als bei den Ergebnissen der tschechischen Studie leidet die Immunantwort nach einer COVID-19-Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff nicht unter der vorbeugenden Paracetamol-Einnahme. Auch Dr. Heidrun Gitter, die Präsidentin der Ärztekammer Bremen, schrieb Ende Februar:
Hilfreich kann vor der Impfung die Einnahme von beispielsweise Paracetamol sein.
Gerade den Kunden, die sich wegen der typischen Impfreaktionen vor einer COVID-Impfung fürchten, kann dieser Rat Sicherheit geben. Paracetamol ist also eine sinnvolle Zusatzempfehlung, sollte diese Angst im Beratungsgespräch zur Sprache kommen.
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Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin
Quellen:
www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)31604-4/fulltext
www.pharmazeutische-zeitung.de/corona-impfstoff-aus-oxford-glaenzt-in-phase-iii-118979/seite/alle/