Corona | weitere Wellen
PANDEMIEPROGNOSE: WAS KOMMT NOCH AUF UNS ZU?
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In Deutschland ist die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit etwa 1000 derzeit konstant und überschaubar. Haben wir das Schlimmste hinter uns? Experten des Robert Koch-Instituts (RKI) gehen davon aus, dass eine zweite, vielleicht sogar mehrere, Infektionswellen folgen. Lothar Wieler, der Präsident des RKI, geht erst bei Erreichen der Herdenimmunität von einer beruhigten Lage aus: "Das ist eine Pandemie. Und bei einer Pandemie wird dieses Virus so lange Krankheiten hervorrufen, bis 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung infiziert sind", bekräftigte er gegenüber dem Spiegel. Experten hatten schon zu Beginn des Corona-Ausbruchs darauf hingewiesen, dass einschränkende Maßnahmen uns lange Zeit begleiten könnten, möglicherweise bis zur Zulassung eines geeigneten Impfstoffs und der entsprechenden Durchimpfungsrate.
Auch der Epidemiologe Marc Lipsitch von der Universität Harvard geht davon aus, dass wir das Coronavirus noch lange handhaben müssen: "Es geht nicht darum, den Gipfel zu überwinden, wie einige Leute zu glauben scheinen", so Lipsitch gegenüber dem Spiegel. Eine einzige Runde von Social Distancing reiche nicht aus. Gemeinsam mit anderen Autoren hat er Prognosen erarbeitet, wie die Pandemie sich im Laufe der Zeit fortsetzen könnte:
- Der ersten Welle folgen weitere in den nächsten Monaten, jeweils mit ähnlichen Fallzahlen. Erst, wenn die Zahl der Genesenen und damit der Immunen nach und nach zunimmt, werden die Ausbrüche seltener und weniger stark. Auch kann es gebietsabhängige Unterschiede geben. Zeitweise Beschränkungen sind dann immer wieder notwendig.
- Vergleichbar mit der Spanischen Grippe und weiteren, vergangenen Pandemien kann eine zweite Welle von weit größerem Ausmaß im Herbst und Winter folgen. Um dies genauer abschätzen zu können, muss man zunächst den Einfluss des Wetters auf das Coronavirus untersuchen. In diesem Fall sind strenge Beschränkungen spätestens im Herbst wieder nötig.
- Nach der ersten Welle kommt es immer wieder zu kleineren Ausbrüchen, möglicherweise mit geografischen Unterschieden. Maßnahmen müssen entsprechend zeitweise verschärft werden. Bei bisherigen (Grippe-)Pandemien wurde dies zwar nicht beobachtet, dennoch sei es beim Coronavirus möglich.
Die Experten rechnen mit mindestens 18 bis 24 Monaten, die die Pandemie noch andauern wird. Welches der drei Szenarien am wahrscheinlichsten ist, können sie noch nicht sagen. Ein Abflauen im Sommer sei möglich, wäre in diesem Jahr aber noch kaum bemerkbar, da die Durchseuchungsrate noch nicht hoch genug sei. Sie schlagen eine Grenze vor, ab der wieder strengere Regeln gelten sollen, kommen dabei allerdings zu höheren Zahlen als die von der Bundesregierung angeordneten 50 Fälle je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen.
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Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin
Quelle: Spiegel.de