Eine Ameise auf moosigem Untergrund streckt ihre Fühler und ein Bein aus.© Sergei Loginov / iStock / Getty Images Plus
Nur, wenn in einem Gebiet viele Pflanzenarten vorkommen, kann es Vielfalt bei den Insekten geben.

Natur | Biodiversität

WO IST DIE VIELFALT?

Ein Ökosystem ist stabil, wenn in ihm Arten aus den verschiedenen Organismengruppen zusammenspielen. Doch wenn die pflanzliche Vielfalt zurückgeht, nimmt mit ihr die Diversität der Insekten und damit die Biodiversität als Ganzes ab. Was kann man dagegen tun?

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Eine große Bedrohung für die biologische Vielfalt ist die intensive Landnutzung: Insekten, die auf nur wenige Pflanzenarten spezialisiert sind, müssen sich einen anderen Futterplatz suchen oder sterben lokal aus, wenn ihre Wirtspflanzen verschwinden. Insekten hingegen, deren pflanzliche Nahrungspalette artenreich ist, können – auch wenn die Pflanzenarten abnehmen – überleben.

Organismengruppen
•    Wirbeltiere
•    wirbellose Tiere
•    Pflanzen
•    Pilze und Flechten
Ein Ökosystem wird durch Vertreter aller vier Gruppen stabil.

Forschende mehrerer Forschungseinrichtungen aus Deutschland und der Schweiz unter der Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) gingen in einer Studie den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Insekten auf den Grund. Im Rahmen des „Schwerpunktprogramms Biodiversitäts-Exploratorien“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben sie drei deutsche Naturräume auf ihre Vielfalt der Pflanzen und Insekten sowie deren Wechselwirkungen untersucht:

  • Schwäbische Alb (Baden-Württemberg)
  • Hainich (Thüringen)
  • Schorfheide (Brandenburg)

Die Gebiete sind bis zu 1300 Quadratkilometer groß – das muss so sein, damit sie genügend unterschiedlich bewirtschaftete Flächen beinhalten. Die intensiv bis wenig bewirtschafteten Wiesen und Weiden und die unterschiedlich bewirtschafteten Buchen- und Nadelwälder verrieten den Forschenden mehr über das Zusammenspiel zwischen Pflanzen- und Insektenarten.

Insgesamt erfassten sie auf 289 Stichprobenflächen, 531 Pflanzen- und 1053 Insektenarten sowie deren Häufigkeiten.
 

Die Erwartung

In den Gebieten mit einer Mischung aus naturnahen bis hin zu stark von Menschen genutzten Ökosystemen erwarteten die Forscher*innen, sehr unterschiedliche Insektengemeinschaften vorzufinden. Dort würden zum Teil auch Insektenarten vorkommen, die auf wenige Futterpflanzen spezialisiert sind, so Martin Gossner, Insektenforscher an der WSL und Leiter der Studie. „Darum versprachen wir uns neue Einblicke in die Konsequenzen, die eine intensive Nutzung für die ökologische Stabilität von Grünland und Wäldern hat“, erklärt Gossner.

Das Ergebnis

Die Studie zeigte, dass Pflanzen-Insekten-Netzwerke in wenig beweidetem Grünland aus mindestens 70 Pflanzenarten und 80 pflanzenfressenden Käfer-, Heuschrecken-, Blattwanzen- und Zikadenarten bestehen. Auf häufig gemähten oder gedüngten Wiesen und Weiden konnten hingegen nur 40 Pflanzen- und 60 bis 70 der untersuchten Insektenarten nachgewiesen werden.

Was die Wälder betrifft, so ist die Biodiversität in Wäldern, die vor kurzem noch bewirtschaftet wurden und einen dichten Baumbewuchs haben (25 Pflanzen- und 30 pflanzenfressende Insektenarten), geringer als in lichten Wäldern (80 Pflanzen- und 50 Insektenarten). Ein Grund dafür ist, dass in Wäldern mit zahlreichen Lücken im Kronendach viel Licht auf den Boden dringt. WSL-Forscher Felix Neff sagt:

„Licht fördert die Vielfalt an Pflanzen, welche wiederum mehr Insektenarten als Nahrungsgrundlage dienen. Gleichzeitig sind die Insektenarten weniger gefährdet, lokal auszusterben, das System ist also stabiler.“

Beispielsweise wächst in lichten Wäldern die Brennnessel, die wiederum Schmetterlingsraupen, Rüsselkäfer und Blattzikaden ernährt.

Die Empfehlung

Den Ergebnissen zufolge müssten lichtere Wälder gefördert werden, damit sich nicht nur die Vielfalt an Bodenpflanzen, Sträuchern und Bäumen, sondern auch die der Insektenarten erhöht. Außerdem sind aus verschiedenen Laub- und Nadelbäumen gemischte Bestände förderlich, da sie resistenter gegenüber dem fortschreitenden Klimawandel sind. Nimmt die pflanzliche Vielfalt hingegen ab, geht auch die Diversität der erfassten Insekten und damit die gesamte Biodiversität zurück. Derartige Ökosysteme drohen also zu verarmen.

Für das Grünland empfehlen die Forschenden eine moderate Beweidung anstelle des intensiven Mähens, um vielfältige und stabile Insektengemeinschaften zu fördern. Das gilt nicht nur für Deutschland: „Das Projekt der Exploratorien hatte von Beginn an zum Ziel, Aussagen machen zu können, die auf verschiedene Regionen Europas zutreffen“, sagt Gossner abschließend.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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