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Übersäuerung

KEINE ENERGIE MEHR?

Die Symptome einer chronischen Übersäuerung sind zwar nicht eindeutig. Es gibt jedoch verschiedene Beschwerden, die auf einen gestörten Säure-Basen-Haushalt hindeuten. Klären Sie Ihre Kunden auf!

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Wer in eine Zitrone beißt, verzieht unwillkürlich das Gesicht – ein gustofazialer Reflex, der Abscheu ausdrückt. Denn „sauer“ ist für den Organismus eigentlich ein Alarmsignal und steht für unbekömmliche Nahrung. Man könnte meinen, dass alles, was stark sauer schmeckt, säurebildend ist und somit den Säure-Base-Haushalt belastet.

Dies ist jedoch nicht immer so: Die Verstoffwechselung von Zitronen verläuft beispielsweise basisch. Da der Organismus lediglich mit Geschmacksrezeptoren für sauer schmeckende Substanzen ausgestattet ist, bemerken wir ihre basischen Mineralstoffe nicht. Man kann also festhalten: Die Zitrusfrucht ist gesund und ihre Fruchtsäuren werden ohne Belastung des Säure-Basen-Systems vollständig abgebaut.

Wer müde und energielos ist, sich mit Konzentrationsstörungen oder Hautproblemen plagt, der könnte unter einer Störung des Säure-Base-Haushaltes leiden. Aufgrund der uncharakteristischen Beschwerden sind sich Betroffene jedoch oft nicht darüber bewusst, dass es sich hierbei um Anzeichen einer Übersäuerung handelt. Beschreiben Kunden derartige Symptome, sollten PTA und Apotheker sie auf diesen möglichen Zusammenhang hinweisen.

Körpereigener Ausgleich Der Säure-Base-Haushalt ist ein physiologischer Regelkreis, der den pHWert des Blutes in einem relativ konstanten Bereich hält . Er beschreibt die Balance zwischen sauren (H+) und basischen (OH-) Molekülen im Organismus. Dieses Gleichgewicht zu erhalten, ist von lebenswichtiger Bedeutung. Unterschreitet der pHWert 7,35 und fällt somit in den sauren Bereich, spricht man von einer Azidose.

Im umgekehrten Fall, also bei basischen Blut-pH-Werten, liegt eine Alkalose vor. Damit der Stoffwechsel einwandfrei funktioniert, muss das Verhältnis zwischen Säuren und Basen ausgewogen sein. Im Blut befindliche Puffersysteme regulieren den pH-Wert, indem ihre Basen H+-Ionen neutralisieren und ihre Säuren bei alkalischen Werten H+-Ionen abgeben. Das wichtigste Puffersystem zum Auffangen von pH-Schwankungen ist der Bikarbonat- Kohlensäure-Puffer. Er setzt sich aus Kohlensäure und dem Bikarbonation zusammen. Weitere Puffersysteme sind Hämoglobin, Proteinat- sowie Phosphatpuffer.

Akute Gefahr Störungen des Säure-Basen-Haushaltes, die ein Absinken des pH-Wertes im Blut bewirken, bezeichnet man als Azidosen. Eine akute Azidose ist ein lebensgefährlicher Zustand, der unverzüglich mit Notfallmaßnahmen behandelt werden muss. Das Ziel besteht dann darin, den physiologischen Blut-pH-Wert wiederherzustellen. Glücklicherweise tritt die akute Azidose sehr selten auf. Sie kann nicht durch eine falsche Ernährung ausgelöst werden, stattdessen resultiert sie aus Erkrankungen von Organen (Lunge, Niere), die mit der Regulierung des Säure-Base-Gleichgewichts im Zusammenhang stehen.

Schleichende Entwicklung Dagegen kann eine latente Azidose, die chronische Form der Übersäuerung, durch falsche Ernährungsgewohnheiten entstehen. Werden zu wenig Obst und Gemüse aufgenommen, mangelt es nicht selten an basischen Mineralstoffen. Darüber hinaus begünstigen Faktoren wie unzureichende Bewegung, Stress oder eine eiweißreiche Kost (z. B. Milchprodukte, Fleisch und Fisch) das Säure-Basen-Ungleichgewicht. Raten Sie Ihren Kunden, säurefördernde Lebensmittel nur in Maßen zu genießen: Sie enthalten Phosphor und Schwefel, aus denen sich beim Abbau der Proteine Säuren bilden. Die latente Azidose beginnt zunächst einmal beschwerdefrei.

Im weiteren Verlauf leiden Betroffene jedoch zunehmend unter Beschwerden wie Müdigkeit, Erschöpfung und Nervosität. Zusätzlich kommen Muskel- und Gelenkprobleme, Veränderungen der Haut, Haare oder Nägel sowie eine verminderte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit hinzu. Der Körper lagert überschüssige Säuren in das Bindegewebe ein, sodass dieses an Elastizität verliert. Bänder, Muskeln und Sehnen werden dadurch in Mitleidenschaft gezogen und bestehende Gelenkbeschwerden häufig verstärkt.

Ein zu hoher Säurepegel im Blut beeinflusst auch die Knochengesundheit – denn eine Möglichkeit auf die Übersäuerung zu reagieren besteht für den Organismus darin, auf die Basendepots der Knochen (besonders Kalzium und Magnesium) zurückzugreifen, um den pH-Wert zu neutralisieren. Mit einem regelmäßigen Obst- und Gemüseverzehr kann man den Folgen der Azidose jedoch entgegenwirken.

Weitere Formen Bei der respiratorischen Azidose handelt es sich um eine atmungsbedingte Übersäuerung des Blutes, bei der die Abatmung des Kohlendioxids gestört ist. Patienten sind von Atemnot, Tachykardie, pulmonaler Hypertonie oder Rötungen der Gesichtshaut geplagt, in schweren Fällen konnten Verwirrungszustände bis hin zum Koma beobachtet werden. Bei diesem Krankheitsbild versuchen die Nieren, den pathologischen Zustand durch eine vermehrte Protonenabgabe zu kompensieren. Fällt der Blut-pH-Wert noch weiter ab, kann die respiratorische Azidose zum Tode führen.

Vergiftungen mit sauren Substanzen, chronische Niereninsuffizienzen oder diabetische Stoffwechselentgleisungen haben bisweilen eine metabolische Azidose zur Folge. Die Übersäuerung entwickelt sich durch vermehrt im Stoffwechsel vorliegende Protonen, durch deren unzureichenden Abtransport oder durch einen Bikarbonat-Mangel. Ein Spezialfall ist die Ketoazidose, eine Komplikation bei Personen mit Diabetes mellitus. Sie resultiert aus einem absoluten Insulinmangel, bei dem Betroffene keine Glukose verwerten können und daher Fette in der Leber zur Energiegewinnung genutzt werden. Klinisch äußert sich die Ketoazidose durch Polyurie, Durst und Erbrechen. Die Patienten verlieren schließlich das Bewusstsein bis unbehandelt schlimmstenfalls der Tod eintritt.

Fastenkuren und Diäten Sie beeinflussen den Säure-Basen-Haushalt und können eine Übersäuerung verursachen, da sich beim Fettabbau zahlreiche Ketosäuren bilden. Deren Anwesenheit ruft nach einigen Tagen eine sogenannte Fastenkrise hervor, welche auf die eingeschränkte Stoffwechselaktivität zurückzuführen ist. Um der Fastenkrise entgegen zu wirken, ist eine Versorgung mit basischen Mineralstoffen (z. B. durch Obst und Gemüse) sinnvoll. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über saure sowie basische Nahrungsmittel:

Basische Lebensmittel

  • Gemüse
  • Blattsalate
  • Alle Obstsorten
  • Trockenfrüchte
  • Kartoffeln
  • Pilze
  • Mandeln
  • Sprossen

Säurebildende Kost

  • Fleisch
  • Wurst
  • Fisch
  • Kaffee
  • Eier
  • Tee
  • Fastfood und Fertiggerichte
  • Milchprodukte
  • kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie Brot und Nudeln
  • Alkohol
  • Zucker und Süßwaren
  • Cola und Softdrinks

Ein etwas anderes Säureproblem Der Magensaft setzt sich aus verschiedenen Komponenten, darunter Salzsäure, zusammen. Alkohol, Kaffee, Nikotin, Stress oder bestimmte Medikamente (Nitropräparate, Kalziumantagonisten, einige Psychopharmaka oder Schmerzmittel) können die Produktion der Magensäure fördern, ebenso wie opulente Mahlzeiten, hastiges Essen oder fett- und zuckerhaltige Lebensmittel. Fließt der saure Magensaft dann in die Speiseröhre zurück, entsteht Sodbrennen. Mithilfe eines Selbstreinigungsmechanismus befreit die Speiseröhre sich von Nahrungsresten und saurem Magensaft.

Funktioniert dieser nicht mehr einwandfrei, treten erste Probleme auf. Außerdem steigt bei einem gefüllten Magen der Druck auf den Schließmuskel, der sich am Übergang zur Speiseröhre befindet, sodass der Mageninhalt manchmal zurückläuft. Auch Übergewicht wirkt sich belastend auf den Sphinkter aus und begünstigt daher den Rückfluss. Gelegentlicher Reflux ist gesundheitlich unbedenklich und verursacht keine Folgebeschwerden. Dauerhafte Veränderungen führen mitunter jedoch zu ernsthaften Komplikationen (Schädigungen der Magen- und Duodenalschleimhaut).

»Störungen des Säure-Basen-Haushaltes, die ein Absinken des pH-Wertes im Blut bewirken, bezeichnet man als Azidosen.«

Zur Behandlung von leichtem, gelegentlich vorkommendem Sodbrennen eignen sich Antazida. Sie fangen überschüssige Säuren mithilfe von basischen Mineralien ab, wobei leicht lösliche Salze entstehen. Um die Säureproduktion zu reduzieren, setzt man Histamin- H2-Rezeptorantagonisten oder Protonenpumpenblocker ein. Letztere verfügen über eine wesentlich längere Wirkdauer und gewährleisten eine kontinuierliche 24-Stunden-Säuresekretionshemmung.

Bestimmung einer Azidose Der Säure-Basen-Haushalt lässt sich nur bedingt über den pH-Wert des Urins beurteilen, welcher mithilfe von Teststreifen gemessen werden kann. Um ein zuverlässiges Ergebnis zu erzielen, ist es ratsam, die Werte mehrmals täglich in relativ kurzen Zeitabständen zu ermitteln, denn der pH-Wert unterliegt natürlichen Schwankungen, die zum Teil von den Speisen abhängen. Beispielsweise steigt der Basenspiegel nach dem Essen stark an, sodass man die Messung am besten vor oder zwei Stunden nach den Mahlzeiten durchführt.

Erklären Sie Ihren Kunden, dass sporadische Erhebungen demnach nicht aussagekräftig sind. Personen mit Nierenerkrankungen müssen Sie darauf hinweisen, dass sie durch das Verfahren kein zuverlässiges Ergebnis erhalten.

Ihre Kunden sollten bei der Messung folgendermaßen vorgehen:

  • Frischen Harn in einem Becher auffangen!
  • Das Indikatorpapier für etwa eine Sekunde in die Flüssigkeit tauchen (alternativ können Patienten auf den Teststreifen urinieren).
  • Der Teststreifen verändert je nach pH-Wert seine Farbe: Sofort die Farbe mit der Skala vergleichen und den entsprechenden Wert ablesen.
  • Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die pH-Werte stets im Zusammenhang mit der Ernährung betrachtet werden müssen.

Eine weitere Methode ist die Bluttitration nach Jörgensen und Stirum, bei der die pH-Wert-Pufferkapazität des Blutes bestimmt wird. Ein geringer Wert ist ein Indiz dafür, dass bereits viel körpereigener Puffer verbraucht ist. Darüber hinaus lassen sich Aussagen zur intrazellulären Übersäuerung treffen. Bei der Diagnose einer Übersäuerung ist es lohnenswert, die eigene Ernährung einmal zu analysieren. Besonders aufschlussreich ist das Verhältnis säure- und basenbildender Lebensmittel.

Zurück ins Gleichgewicht Kunden, die über Beschwerden einer Übersäuerung klagen, sollten Maßnahmen zur Wiederherstellung des Säure-Basen-Haushaltes ergreifen. Der erste Schritt besteht darin, die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten umzustellen. Dabei sind der Verzicht auf tierische Eiweiße, Softdrinks, Kaffee, Alkohol oder Nikotin sowie regelmäßige Bewegung bedeutsame Faktoren. Um den Prozess des Abbaus von bereits eingelagerten Säuren zu beschleunigen, können im Handel befindliche Basenpulver eingesetzt werden. Sie reduzieren die nahrungsbedingte Säurebelastung und neutralisieren Überschüsse an Säuren.

MIT CITRATEN GEGEN SÄUREN
Kalium- oder Magnesiumcitrate sind organische Mineralstoffverbindungen, die überschüssige Säuren neutralisieren. Citrat-Anionen sind korrespondierende Basen der Zitronensäure und binden Protonen und saure Ablagerungen. Citrate sind sehr gut verträglich und können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Vorteilhaft ist, dass sie erst im Dünndarm reduziert werden, sodass Wechselwirkungen mit der Magensäure nicht zu befürchten sind.

Die Präparate sind in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich und für eine Anwendung von mindestens zwei bis drei Monaten geeignet. Auf diese Weise werden die überflüssigen Säuren entfernt und die Puffersysteme des Körpers wiederhergestellt. Gelingt es Betroffenen nicht, die Ernährungsgewohnheiten umzustellen, ist es ratsam, die basischen Mineralstoffe dauerhaft einzunehmen. Ein Tipp, den Sie an Ihre Kunden mit Rheuma weitergeben können: In einer Studie stellte sich heraus, dass die regelmäßige Basenzufuhr Schmerzen reduziert und das Allgemeinbefinden deutlich verbessert.

Auswirkungen auf die Haut Auch die Haut kann durch überschüssige Säuren in Mitleidenschaft geraten. Sie reagiert dann mit Brennen, Juckreiz oder Unreinheiten. Das Übersäuerungsphänomen entwickelt sich hierbei ebenfalls durch eine falsche Ernährungsweise, zusätzlich ist die Nutzung von pH-sauren Hautpflegeprodukten schädlich. Sie verschließen die Poren, sodass Abfallstoffe nicht ausgeschieden werden können und sich in der Haut ansammeln.

Ein entsprechendes Entsäuerungsprogramm kann durch Basenbäder unterstützt werden: Vor dem Bad gibt man basische Verbindungen ins Wasser, die den pH-Wert erhöhen. Die Säuren werden damit regelrecht aus den Poren herausgezogen und auf diese Weise neutralisiert. Dadurch lassen sich Hautprobleme wie beispielsweise Pickel deutlich verbessern. Misst man den pHWert vor/nach dem Baden, wird man feststellen, dass der Wert in der Zwischenzeit offensichtlich sinkt.

Zuviel Harnsäure Mit zu viel Säure hängt auch die Erkrankung Gicht zusammen. Sie entsteht durch einen erhöhten Harnsäurespiegel im Organismus. Die Substanz wird überwiegend beim Abbau von körpereigenen Purinen gebildet, doch auch über die Nahrung zugeführte Purinkörper wandelt der Körper in Harnsäure um. Dies geschieht durch Oxidation von Xanthin und Hypoxanthin unter Katalyse des Enzyms Xanthinoxidase. Mit steigendem Harnsäurespiegel im Serum lagern sich Uratkristalle ab, die Entzündungsprozesse hervorrufen und zu Gicht führen.

Auch bei Hyperurikämie kommt der Ernährung eine besondere Bedeutung zu: Es sollten möglichst purinarme Lebensmittel bevorzugt werden. Vom Konsum einiger Fischsorten wie Hering, Sardellen oder Lachs, vom Verzehr von Meerestieren wie Hummer und Miesmuscheln sowie von der Aufnahme von Hülsenfrüchten, Innereien, Muskelfleisch und Wurst sollte möglichst abgesehen werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/15 ab Seite 14.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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