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Kopfläuse

(K)EIN PROBLEM!

Läusealarm in Kindertagesstätten und Schulen ist keine Seltenheit. Der Befall heilt jedoch nicht von alleine aus, sondern muss konsequent behandelt werden. Helfen Sie mit guten Tipps.

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Die Diagnose Kopflausbefall wird vom Kinderarzt häufig gestellt. Steigende Verkaufszahlen der Läusemittel (Pedikulozide) deuten nach Meinung von Experten sogar darauf hin, dass die Inzidenz in den letzten Jahren zugenommen hat. Die Pedikulose ist inzwischen nach den Erkältungskrankheiten die häufigste Infektionskrankheit im Kindesalter. Besonders oft sind die Kleineren zwischen drei und elf Jahren betroffen.

Oftmals peinlich verschwiegen Kopflausbefall ist immer noch ein Tabuthema, weil er mit Unsauberkeit assoziiert wird. Das vermehrte Auftreten der Tiere liegt aber nicht an mangelnder Hygiene und ist unabhängig vom sozialen Status. Häufiges Haarewaschen verhindert keine Pedikulose, da die Parasiten mit normalen Shampoos nicht ausgewaschen werden können. Vielmehr führt das Verschweigen eines Befalles dazu, dass die Läuse nicht richtig behandelt werden. Damit erhalten diese die Chance, sich zu ungehindert zu vermehren und andere anzustecken.

Hungrige Blutsauger Die 2 bis 3,5 Millimeter große Kopflaus (Pediculus humanus capitis) gehört zu den Insekten und lebt ausschließlich auf dem menschlichen Kopfhaar, wobei sie sich in den warm-feuchten Bereichen hinter den Ohren, im Nacken und an den Schläfen besonders gerne aufhält. Bei massivem Befall findet sie sich auch an anderen behaarten Stellen wie Bart, Haaren oder Achselhaaren. Kopfläuse ernähren sich ausschließlich von menschlichem Blut. Zum Überleben benötigen sie alle zwei bis drei Stunden eine Mahlzeit. Ohne Blut sind sie schnell geschwächt und verenden nach zwei, spätestens drei Tagen.

Starker Juckreiz Mit ihrem Saugrüssel stechen sie in die Kopfhaut und saugen das Blut auf. Zugleich bringen sie Speicheldrüsensekrete in die Wunde ein, die beim Betroffenen juckende Papeln auslösen. Allerdings tritt der Juckreiz bei einem Erstbefall erst nach vier bis sechs Wochen auf, während er bei Reinfektion schon nach 24 bis 48 Stunden bemerkbar ist.

Man geht davon aus, dass die unterschiedliche Symptomatik auf eine immunvermittelte Reaktion zurückzuführen ist. Zudem wird beim wiederholten Auftreten die Ausbildung eines Juckreizgedächtnisses (analog des Schmerzgedächtnisses) diskutiert. Das Phänomen erschwert allerdings die Diagnose. Krankheitserreger werden von den Läusen in unseren Breitengraden nicht übertragen. Häufiges Kratzen kann aber Hautläsionen bedingen, die zu Eintrittspforten für Keime werden und bakterielle Entzündungen nach sich ziehen.

Flinker Kletterer Die Parasiten sind flügellos und können entgegen landläufiger Meinung nicht springen. Eine Ansteckung erfolgt direkt von Mensch zu Mensch, wobei sich die Läuse über die Haare zum nächsten Kopf hangeln. Mit ihren hakenförmigen Klauen ergreifen sie das andere Haar und klammern sich an ihm fest. Enge zwischenmenschliche Kontakte erleichtern es der Laus, auf den nächsten Kopf überzuwechseln. Aufenthalte in Gemeinschaftseinrichtungen begünstigen daher die Verbreitung der Tiere.

Damit ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Kopflausbefall am häufigsten die Kleinen in Kindergarten und Grundschule trifft. Mädchen sind häufiger als Jungen betroffen, denn besonders kleine Mädchen lieben es, lange nahe beieinander zu sitzen und ihre Köpfe beim Spielen zusammen zu stecken. Ihre langen Haare bieten der Laus zudem beste Angriffsmöglichkeiten. Eine indirekte Übertragung über Gegenstände, die mit den Haaren in Berührung kommen (z. B. Bürste, Haarklammern, Mütze), ist die Ausnahme. Läuse verlassen ungern ihren Wirt, da sie auf ihre festen Blutmahlzeiten angewiesen sind. Haustiere sind keine Überträger.

Auf Spurensuche Bei einer Pedikulose lassen sich die Tiere in verschiedenen Entwicklungsstadien auf dem Kopf finden: Eier, Larven (Nymphen) und adulte Läuse. Aus den weiß bis bräunlich gefärbten, sandkorngroßen Eiern schlüpfen nach sieben bis zehn Tagen Larven. Gerade geschlüpfte Nymphen sehen bereits wie Läuse aus, nur dass sie kleiner und damit schwerer erkennbar sind. Sie entwickeln sich nach weiteren neun bis zwölf Tagen zu geschlechtsreifen, adulten Läusen, die sich dem bloßen Auge auch oftmals entziehen, zumal sie flink und lichtscheu sind.

Vor der Blutmahlzeit haben Läuse und Larven eine durchsichtig gräuliche bis hell bräunliche Färbung, danach färben sie sich bräunlich bis rötlich. Allerdings können die Tiere die Farbe ihres chitinösen Panzers der Umgebung anpassen. So sind die Läuse bei Betroffenen mit dunklen Haaren und stark pigmentierter Haut häufig dunkler als bei Personen mit blondem Haar und hellerem Teint, was ihr Aufspüren wiederum erschwert.

Entwicklungsfähige Eier oder leere Hüllen Auch sind Erstere schwierig zu entdecken, da sie am Anfang sehr klein und transparent sind. Das weiß gefärbte Chitingehäuse leerer Eihüllen (Nissen) wird meist besser gesehen als die entwicklungsfähigen Eier. Befruchtete Läuseweibchen legen mehrmals täglich ihre Eier wie Perlen einer Kette dicht aneinandergereiht ein bis zwei Millimeter nahe der Kopfhaut auf dem Haar ab (insgesamt während ihrer 30-tägigen Lebenszeit bis zu 140 Eier).

Der Nachweis von Eiern, die weniger als einen Zentimeter von der Kopfhaut entfernt sind, stellt einen behandlungsbedürftigen Kopflausbefall dar. Bei einem größeren Abstand kann man aufgrund des Wachstums der Haare davon ausgehen, dass sie bereits leer sind. Von ihnen geht keine Übertragungsgefahr mehr aus, sie sind allenfalls kosmetisch störend. Je weiter weg die Nissen von der Kopfhaut abgelegen sind, desto länger liegt der Kopflausbefall zurück.

Sehr anhänglich Nissen und Eier unterscheiden sich von Schuppen oder Resten von eingetrocknetem Haarspray oder Haargel durch ihre gleichmäßige Form. Außerdem sind sie nur schwer vom Haar abzustreifen. Sie können weder mit einem normalen Shampoo noch mit einem Kamm oder einer Bürste gelöst werden, da sie mit einer wasserunlöslichen Substanz stark am Haar festgeklebt sind. Auch klammern sich die Läuse mit ihren Klauen so fest um die einzelnen Haare, dass sie sich einer mechanischen Entfernung widersetzen.

Nasses Auskämmen Ein strähnenweises Durchkämmen der Haare mit einem engmaschigen Läusekamm (Zinkenabstand unter 0,2 Millimeter) erleichtert ein Auffinden der Parasiten. Dafür sollte das Haar zuvor mit einem Shampoo und danach mit einer Pflegespülung gewaschen werden. Die Spülung lähmt die Läuse, außerdem erleichtert sie das Durchkommen mit dem feinen Kamm.

Attest nicht erforderlich
In der Regel können von Kopfläusen befallene Kinder am Tag nach einer Behandlung mit einem amtlich empfohlenen Kopflausmittel wieder die Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Man geht dann davon aus, dass die behandelten Kinder keine Ansteckungsgefahr mehr für andere darstellen – vorausgesetzt, sie führen später noch die erforderliche Wiederholungsbehandlung durch. Ein Attest vom Kinderarzt müssen die Kinder nicht mitbringen. Es genügt die Bestätigung der Eltern, eine sorgfältige Behandlung durchgeführt zu haben. Gefordert wird aber, die Kita oder die Schule über den Kopflausbefall zu unterrichten. Zu beachten ist, dass das Gesundheitsamt in Absprache mit den betreffenden Einrichtungen örtlich abweichende Regelungen treffen darf, die das Einholen eines ärztlichen Urteils doch erforderlich machen kann.

Die ausgekämmte Haarspülung wird auf einem Küchenpapier abgestrichen und sorgfältig auf Läuse kontrolliert. Besonders leicht lassen sie sich finden, wenn die Masse trocknet, da die Läuse nach dem Trocknen wieder bewegungsfähig und damit gut sichtbar werden. Hält man zudem ein Haar an das Tier, ist die Diagnose gesichert, wenn es sich daran festhält und darauf entlang krabbelt.

Ergänzung und Erfolgskontrolle Das wiederholte Auskämmen mit einer Pflegespülung wird auch Bug Busting genannt. Es dient nicht nur der Diagnose. Wird das gesamte Haar systematisch durchgekämmt, hat es gleichzeitig therapeutischen Wert. Als alleinige Maßnahme zur Läusebekämpfung wird es allerdings nicht empfohlen, da die Behandlungserfolge geringer als mit Pedikuloziden ausfallen. So wurde in Untersuchungen lediglich bei 57 Prozent der behandelten Kinder eine vollständige Entlausung erzielt. Es steht aber als Alternative zur Verfügung, wenn Kontraindikationen (z. B. Stillzeit, Schwangerschaft) gegen herkömmliche Läusemittel bestehen.

»Pedikulozide sollten immer ein zweites Mal nach acht bis zehn Tagen angewendet werden, um eventuell inzwischen geschlüpfte Larven abzutöten.«

Die Prozedur muss mehrmals wiederholt werden, um alle Entwicklungsstadien der Tiere zu berücksichtigen. Dafür sind vier Durchgänge an den Tagen 1, 5, 9 und 13 erforderlich. Dabei dient die erste Sitzung der Entfernung adulter Läuse, während die folgenden die nachgeschlüpften Larven entfernen sollen. Am Tag 17 soll der Behandlungserfolg noch einmal überprüft werden. Bug Busting stellt zudem eine sinnvolle Maßnahme zur Ergänzung und zur Erfolgskontrolle der Läusemittelbehandlung dar.

Konsequente Therapie mit Pedikuloziden Eine optimale Therapie besteht nach Auffassung des Robert Koch-Instituts (RKI) in der Kombination eines behördlich geprüften, anerkannten Läusemittels und dem systematischen Auskämmen mit einer Haarpflegespülung und Läusekamm. Ein drastisches Abrasieren der Haare ist heutzutage nicht mehr notwendig. Vorteil der amtlich geprüften Präparate ist neben ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit ihre gute Verträglichkeit. In Einzelfällen kann es bei besonderer Empfindlichkeit sowie bei Entzündung oder Verletzung der Kopfhaut dennoch zu allergischen Reaktionen oder Hautreizungen kommen.

Die eingeleiteten Therapiemaßnahmen können den Kopflausbefall wirkungsvoll bekämpfen, wenn sie den Entwicklungszyklus berücksichtigen. Nicht nur die Läuse und Larven, auch die Eier müssen abgetötet werden, damit daraus keine vermehrungsfähigen Tiere schlüpfen, welche die Erkrankung aufrechterhalten. Da die ovizide Wirkung nicht bei allen Mitteln grundsätzlich gewährleistet werden kann, empfiehlt das RKI, eine Wiederholungsbehandlung zwischen dem achten und zehnten Tag durchzuführen.

Chemische Keule Die Klassiker unter den Pedikuloziden sind neurotoxisch wirksame Insektizide wie Pyrethrum, das aus Chrysanthemen gewonnen wird, und die davon chemisch abgewandelten Substanzen Allethrin und Permethrin (Pyrethroide). Sie gehören zu den nach § 18 des Infektionsschutzgesetzes geprüften und anerkannten Mitteln zur Bekämpfung eines Kopflausbefalls und werden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf der Entwesungsmittelliste aufgeführt und damit empfohlen. Die Insektizide wirken als Nervengifte, indem sie zu einer Übererregung des Nervensystems führen, wodurch die Läuse gelähmt und schließlich abgetötet werden.

Einige Hersteller setzten Zubereitungen auf alkoholischer Basis ein, womit eine erhöhte Penetration des Wirkstoffes und folglich eine höhere Mortalität der Larven in den Eiern erreicht werden kann. Diskutiert wird eine zunehmende Wirkungslosigkeit der Insektizide aufgrund einer vor allem im Ausland zu beobachtenden steigenden resistenten Kopflauspopulation. Aktuelle Untersuchungen zeigen aber, dass bislang nur eine Mutation am kdr-Gen (Knock-down-Resistenzgen) nachweisbar ist, durch die die Läuse zwar verzögert bewegungsunfähig werden (Knock-Down-Effekt). Die abtötende Wirkung der Pedikulozide (Kill-Effekt) und damit ihre therapeutische Wirksamkeit bleiben aber weiterhin erhalten.

Physikalische Wirkweise Daneben werden insektizidfreie Pedikulozide gelistet, welche auf rein physikalischem Wege wirken. Bei ihrer Anwendung werden die Läuse entweder mit einem feinen Ölfilm umhüllt (Präparate auf Basis von pflanzlichem Sojaöl), wodurch ihre Atmungsöffnungen verkleben oder die Substanzen dringen in die Atemöffnungen ein und verdrängen dort den Sauerstoff (Dimeticonpräparate). Dadurch ersticken nicht nur die Läuse und Larven. Auch die Eier sterben ab, da sie Atemöffnungen im Deckel besitzen.

Korrekte Anwendung entscheidend
Erläutern Sie Ihrem Kunden, dass eine zweite Behandlung nach acht bis zehn Tagen mit jedem Pedikulozid notwendig ist, um ein Therapieversagen zu vermeiden. Zudem ist die vom Hersteller empfohlene Einwirkzeit unbedingt einzuhalten. Das Mittel muss gleichmäßig im Haar verteilt und ein zu sparsames Auftragen vermieden werden. Auch darf das Haar nicht zu nass sein, damit sich das Pedikulozid nicht zu stark verdünnt. Raten Sie Ihrem Kunden, die Behandlung genau nach der Gebrauchsanweisung durchzuführen. Geben Sie ihm noch kostenlose Flyer mit den wichtigsten Informationen zur richtigen Anwendung von Läusemitteln und begleitenden Maßnahmen bei Kopflausbefall mit. Sie können damit die Beratung perfekt abrunden und die Behandlung wirkungsvoll unterstützen.

Besondere wissenschaftliche Beachtung haben in den letzten Jahren Präparate mit Dimeticon erzielt. Sie sind physiologisch inert und atoxisch. Zudem scheint eine Resistenzentwicklung prinzipiell nicht möglich. Darüber hinaus befinden sich noch weitere pflanzliche Läusemittel (z. B. mit Kokos-, Anis-, Teebaum-, Neem-, Lavendel- oder Rosmarinöl) auf dem Markt. Da sie aber nach Ansicht des öffentlichen Gesundheitsdienstes nicht genügend belastbare Daten über ihre Effekte vorlegen können, haben sie bislang keine Aufnahme in die Entwesungsmittelliste gefunden und spielen im Apothekenalltag eine geringere Rolle.

Begleitmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung Da Kopfläuse in kurzen Abständen Blutmahlzeiten benötigen, können sie ohne den Wirt nicht lange überleben. In mehreren Untersuchungen waren sie folglich in der Umgebung nur – wenn überhaupt – in geringer Anzahl zu finden. Daher werden große Putzaktionen in der gesamten Wohnung oder im Auto sowie die Verwendung von insektiziden Sprays oder speziellen Waschmitteln vom RKI nicht generell empfohlen.

Bestimmte Maßnahmen dienen lediglich der Unterbrechung eventuell möglicher Übertragungswege. Dazu zählen das Reinigen von Gegenständen (z. B. Bürsten, Kämme) in heißer Seifenlösung oder das Waschen bei 60 °C von Textilien (z. B. Bettwäsche, Mützen), die zuvor mit infizierten Haaren in Berührung gekommen sind. Bei Kuscheltieren und Kleidungsstücken, die hohe Temperaturen übelnehmen, bietet sich ein Aufbewahren in einem verschlossenen Plastikbeutel über drei Tage oder ein Einfrieren über zwei Tage an.

Wichtiger als die Durchführung von Begleitmaßnahmen ist nach Expertenmeinung die Untersuchung der Familie auf Kopflausbefall. Sinnvoll ist es auch, weitere Kontaktpersonen wie die Freunde der Kinder zu informieren und gegebenenfalls zu behandeln, um eine Weiterverbreitung der Parasiten zu unterbinden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/13 ab Seite 58.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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