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Weltdiabetestag 2017 | Geschichte

INSULIN – EIN HORMON IM WANDEL DER ZEIT

Jedes Jahr am 14. November wird an die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus erinnert. Heute findet die offizielle Veranstaltung in Deutschland statt. Allein in der Bundesrepublik sind laut dem deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2015 knapp 1,5 Millionen Menschen auf das Spritzen von Insulin angewiesen. Grund genug, sich die Geschichte des Hormons einmal genauer anzusehen.

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Bis zum 20. Jahrhundert war die Diagnose Diabetes mit einem frühzeitigen Todesurteil gleichzusetzen. Zwar wurde viel an der Bauchspeicheldrüse geforscht, so entdeckte Paul Langerhans 1869 die Inselzellen, fortan auch Langerhans`sche Inseln genannt, und 20 Jahre später wurde auch die exokrine Funktion derselben vermutet, behandeln konnte man Diabetes deshalb noch lange nicht. Der Begriff „Insulin“, vom lateinischen Wort für Insel (Insula) abgeleitet, tauchte erstmals 1909 auf. 1921 gelang Frederick Banting und Charles Best die Isolierung des Peptidhormons aus den Drüsen des Pankreas und damit der Durchbruch in der Insulinforschung, wofür sie auch den Nobelpreis für Medizin erhielten. Banting zu Ehren wurde der Weltdiabetestag auf den 14. November gelegt, seinen Geburtstag.

Seit diesem Zeitpunkt isolierten verschiedene Pharmahersteller (z.B. Eli Lilly oder Farbwerke Höchst, heute Sanofi) Insulin aus dem Pankreas verschiedener Tiere, vorzugsweise von Rind oder Schwein. Diese ersten Extrakte waren natürlich nur kurz wirksam und mussten dementsprechend häufig gespritzt werden. Außerdem führten sie aufgrund ihrer natürlichen Gewinnung und dadurch bedingten Verunreinigungen häufig zu starken Immunreaktionen. Dies änderte sich erst 1926 mit dem ersten Insulin in reiner, kristalliner Form. Einen weiteren Meilenstein setzte Hans Christian Hagedorn: Nachdem er zunächst eine Wirkverzögerung mit Zink erzielen konnte, kombinierte er das Hormon mit Protamin und heraus kam das erste langwirksame Insulinpräparat NPH (Neutral Protamin Hagedorn). Während der Kriegsjahre und der Jahre danach wurde allerdings das Schlachtvieh knapp und die damit einhergehende Insulinextraktion erschwert. Eine synthetisch hergestellte Alternative musste her.

Tatsächlich dauerte es dann noch viele Jahre bis das erste synthetisch produzierte Humaninsulin auf den Markt kam: 1955 entschlüsselte Frederick Sanger die Aminosäurefrequenz des Hormons, acht Jahre später veröffentlichte Helmut Zahn die erste chemische Synthese des Rinderinsulins und schließlich gelang 1976 die erste enzymatische Herstellung von Human- aus Schweineinsulin. Parallel forschten Chemiker an einer gentechnisch hergestellten Variante aus Hefezellen beziehungsweise E.-coli Bakterien, was 1974 zur ersten industriell anwendbaren Totalsynthese des humanen Stoffwechselhormons führte.

Bis heute stellt Insulin und die Erkrankung Diabetes ein attraktives Forschungsfeld dar. Nachdem die großtechnische Produktion ermöglicht wurde, ging es nun vor allem um die Steuerbarkeit und die bestmögliche Regulation des Blutzuckers. Als Beispiele können hier Insulin lispro als schnell wirksames und Insulin glargin als langwirksames Insulin genannt werden – kleine Änderungen der Aminosäurefrequenz können viel erreichen. Viele Hersteller ziehen seitdem mit modifizierten Insulinen nach (extrem lang- bis kurzwirksam), um eine Behandlung nach physiologischem Vorbild zu verwirklichen.

Seit den 1990er Jahren sind vor allem für Typ I-Diabetiker zusätzlich immer mehr Insulinpumpen im Einsatz, die sowohl eine kontinuierliche als auch eine Bolus-Abgabe des Hormons je nach eingenommener Mahlzeit und gemessenem Blutzuckerspiegel ermöglichen. Für viele Betroffene war das Einführen der Pumpen eine große Hilfe im Alltag und ein Gefühl von Normalität trotz Erkrankung. Die neueste Innovation der Pumpen: ein geschlossener Regelkreis aus individueller Insulinabgabe bei erhöhten und Glucagonabgabe bei erniedrigten Blutzuckerwerten. Auch wenn Diabetes bis heute nicht ursächlich heilbar ist, die Forschung und Therapieentwicklung der letzten hundert Jahre ist enorm und lässt auf weitere „Meilensteine“ hoffen.

Farina Haase, Volontärin

Quelle: www.pharma-fakten.de

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