Anatomische Herzdarstellung© magicmine / iStock / Getty Images Plus
Forscher haben einen Herzschrittmacher entwickelt, der sich nach wenigen Monaten wieder vollständig im Körper abbaut.

Herzschrittmacher | Patienten

EIN TAKTGEBER AUF ZEIT

Unser Herz läuft nicht immer rund, im Gegenteil. Nicht selten ist ein medizinisches Eingreifen notwendig und ein Herzschrittmacher wird eingesetzt. Forschern ist es nun gelungen, einen Taktgeber zu entwickeln, dessen Materialien sich vollständig im Körper abbauen, wenn sie nicht mehr benötigt werden, ganz ohne weiteren Eingriff. 

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Jeder von Ihnen kennt es bestimmt, wenn das Herz plötzlich anfängt schneller zu schlagen. Die Ursachen sind vielfältig. Während bei dem einen das Herzrasen von den Schmetterlingen im Bauch kommt, schlägt das Pumporgan bei anderen nicht nur schneller, sondern unregelmäßig und ein Arzt sollte sich die Problematik genauer anschauen.

Wenn das Herz nicht mehr rhythmisch schlägt, kann es zu schweren Herzrhythmusstörungen kommen, die unbehandelt tödlich enden können. Normalerweise gibt der Sinusknoten einen elektrischen Impuls ab und im Anschluss kommt es zu einer Muskelkontraktion. Ist der Ablauf gestört, muss ein künstlicher Taktgeber einspringen, der sogenannte Herzschrittmacher. Oft ist so ein Gerät aber nur vorübergehend und in bestimmten Situationen notwendig. „Manche Patienten brauchen nur vorübergehend einen Herzschrittmacher, etwa nach einer Operation am offenen Herzen, einem Herzinfarkt oder einer Medikamentenüberdosis“, erklärt Rishi Arora von der Northwestern University in Evanston. Hat sich das Pumporgan erholt, kann durch einen erneuten Eingriff das Schrittmachersystem wieder entfernt werden. So war es bislang zumindest. 
 

Derzeitige Standardmethoden sind riskiobehaftet

Wie läuft eigentlich ein solcher Einsatz von einem Herzschrittmacher ab? Während des Eingriffs nähen Chirurgen Schrittmacherelektroden auf den Herzmuskel auf. Diese sind mit Drähten verbunden, die an der Vorderseite der Brust des Betroffenen austreten und an eine externe Schrittmacherbox angeschlossen sind. Dadurch werden Stromimpulse generiert. Wird der künstliche Taktgeber nicht mehr benötigt, werden die Elektroden wieder entfernt. Allerdings ist diese Vorgehensweise nicht ungefährlich und birgt einige Risiken. Bei diesem Verfahren besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass Verbindungen verrutschen, Infektionen entstehen sowie Gewebeschäden und Blutungen beim Entfernen der Elektroden auftreten. Für Patienten ist eine solche Situation beängstigend. Daher kam das Team um Arora auf die Idee, einen Herzschrittmacher für Überbrückungszwecke zu entwickeln. Der Clou besteht darin, dass er, nachdem er seine Aufgabe erledigt hat, von selbst wieder verschwindet und noch dazu keine Anschlüsse benötigt.

Alle Komponenten des Taktgebers bestehen aus biokompatiblen Materialien. Diese werden nach einer gewissen Zeit auf natürliche Weise vom Körper vollständig abgebaut. Beim Trägermaterial des Geräts handelt es sich um plastikartige Biopolymere. Diese wurden bereits schon früher in der Medizin eingesetzt und werden unter anderem zu organischen Säuren abgebaut. Die Forscher berichten, dass auch die teilweise siliziumhaltigen Anteile des biologisch abbaubaren Herzschrittmachers, die für seine elektronischen Funktionen sorgen, in völlig harmlose Substanzen zerfallen „Wir bauen diese Geräte aus verschiedenen Arten von sicheren, bioresorbierbaren Materialien“, so Co-Autor John Rogers. Dadurch, dass sie die Zusammensetzung und die Dicke der Materialien individuell anpassen können, sind die Wissenschaftler in der Lage zu steuern, wie lange der Herzschrittmacher seine Funktionsfähigkeit behält, bevor er langsam beginnt sich aufzulösen. Rodgers erklärt hierzu: „Wir gewährleisten dabei einen stabilen Betrieb über einen Zeitraum, der jeweils etwas länger ist als klinisch notwendig“.
 

Neuartige Technik

Wie funktioniert nun dieser sich selbstauflösende Taktgeber? Lediglich ein halbes Gramm schwer, liegen die Elektroden des vollständig implantierbaren Gerätes weich und flexibel auf der Herzoberfläche, um die elektronischen Impulse abzugeben. Die hierfür notwendige Energie kommt von einer drahtlosen Versorgung, die wiederum auf der sogenannten resonanzinduktiven Kopplung basiert. Eine solche Vorgehensweise kennt man bereits bei manchen Handys oder auch elektronischen Zahnbürsten. Hierfür besitzt das Gerät ein Empfangsteil, das Energie aus einer Sendereinheit bezieht, die auf der Brust angebracht wird. „Anstatt Drähte zu verwenden, die Infektionen verursachen oder sich lösen können, lässt sich dieses System komplett implantieren und von außen aktivieren und steuern“, sagt Arora.
 

Erfolge durch Tierversuche bestätigt

Seine Funktionalität hat der neuartige Herzschrittmacher bereits bei Tierversuchen unter Beweis gestellt. Die Herzen von Kaninchen, Ratten und Mäusen konnte der Prototyp bereits erfolgreich stimulieren. Und auch in Sachen Abbaubarkeit hält er, was er verspricht. Nach lediglich drei Monaten war das Implantat vollständig abgebaut. „Unser System überwindet die Hauptnachteile traditioneller temporärer Verfahren und bieten damit mehr Sicherheit, Potenzial für Kosteneinsparungen sowie Erleichterungen für die Patienten. Diese Art von Gerät könnte somit die Zukunft der temporären Schrittmachertechnologie darstellen“, erklärt Rogers.

Co-Autor Igor Efimov von der George Washington University in Washington DC hebt noch einmal das weitreichendere Potenzial von bioresorbierbarer Medizintechnik hervor: „Die abbaubaren Materialien, die dieser Technologie zugrunde liegen, machen es möglich, eine ganze Reihe von diagnostischen und therapeutischen transienten Geräten zu schaffen, die der Behandlung und Überwachung von Erkrankungen dienen könnten. Es eröffnet sich damit ein neues Kapitel in der Medizin und biomedizinischen Forschung“. 

Quelle: www.wissenschaft.de
 

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