Krankheiten im Kindesalter
HEFTIGER HUSTEN
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Der Keuchhusten (Pertussis) hat seinen Namen von dem keuchenden Geräusch, das entsteht, wenn Patienten nach einem Hustenanfall wieder Luft holen. Diese typische Symptomatik wird regelmäßig bei Kindern beobachtet. Weil sie bei Jugendlichen und Erwachsenen fehlen kann, äußert sich Pertussis bei ihnen eher wie ein langwieriger Reizhusten und wird wahrscheinlich häufig nicht erkannt. Dies ist problematisch, da ältere Patienten mittlerweile die Mehrheit der Erkrankten ausmachen – fast zwei Drittel sind älter als 15 Jahre – und weil sie Säuglinge mit einem hohen Risiko für schwere Verläufe ungewollt anstecken können. In Deutschland wurden 2019 gut 10 000 und 2020 knapp 3500 Fälle von Keuchhusten gemeldet. Man geht davon aus, dass sich ein Drittel bis die Hälfte der Säuglinge bei den eigenen Eltern ansteckt.
Hoch ansteckende Erreger Ausgelöst wird der Keuchhusten ganz überwiegend von dem Bakterium Bordetella pertussis. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, wobei sich 70 bis 80 Prozent aller Personen, die mit einem Infizierten Kontakt hatten, anstecken. Innerhalb einer Familie sind es vermutlich nahezu 100 Prozent. Die Inkubationszeit beträgt meist neun bis zehn Tage. Infizierte sind bereits kurz vor Ausbruch der Erkrankung ansteckend und bleiben es unbehandelt über mehrere Wochen. Während sich die Bakterien auf dem Epithel der Atemwegsschleimhäute vermehren, produzieren sie unter anderem das Pertussis-Toxin und zerstören die Schleimhaut.
Drei Stadien der Erkrankung Eine Infektion verläuft typischerweise in drei Stadien: Sie beginnt mit dem sogenannten Stadium catarrhale, das etwa ein bis zwei Wochen dauert und von einer Erkältung äußerlich nicht zu unterscheiden ist: Der Patient hat Schnupfen, eventuell etwas erhöhte Temperatur und fühlt sich müde und abgeschlagen. Es folgt das Stadium convulsivum: Dieses dauert vier bis sechs Wochen und zeichnet sich durch die heftigen Hustenanfälle aus. Auf die Hustenstöße (Stakkatohusten) folgt ein Einziehen der Luft gegen die geschlossene Glottis, wodurch das typische Keuchen entsteht.
Gegen Ende der Attacken müssen Patienten oftmals zähen Schleim hervorwürgen und sich mitunter auch übergeben. Zwischen fünf und 50 Attacken pro 24 Stunden sind normal. Sie treten eher nachts als tagsüber auf. Im dritten und letzten Stadium (Stadium decrementi) klingen die Hustenanfälle über weitere sechs bis zehn Wochen langsam wieder ab. Als Folgen der Hustenanfälle können Muskelkater, Einblutungen unter die Bindehaut und Leisten- oder Rippenbrüche auftreten. Mögliche Komplikationen umfassen außerdem Mittelohrentzündungen und Lungenentzündungen. Bleibende Schäden an Bronchien oder Lunge sind möglich.
Gefährdete Säuglinge Ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben Säuglinge. Sie erleiden häufiger Komplikationen wie Pneumonien, außerdem können lebensbedrohliche Atemstillstände sowie als seltene neurologische Komplikationen zerebrale Krampfanfälle und Enzephalopathien auftreten, die bleibende Schäden verursachen können. In Einzelfällen kann die Erkrankung sogar tödlich verlaufen.
Diagnose und Behandlung Bei typischen Keuchhustenanfällen ist die Diagnose häufig bereits aufgrund der Symptome eindeutig, sollte aber trotzdem immer durch Labordiagnostik abgesichert werden. Bei allen anderen Patienten ist die Labordiagnostik entscheidend: Hier kommen eine Anzucht des Erregers oder ein Nachweis mittels Polymerasekettenreaktion infrage. Als Quelle können tiefe Nasopharyngealabstriche, nasopharyngealen Sekrete oder Material, das beim Absaugen gewonnen wurde, dienen. Außerdem ist ein Nachweis von Antikörpern gegen den Erreger möglich.
Aufgrund des Krankheitsverlaufs wird eine Keuchhustenerkrankung meist erst im Stadium zwei oder drei erkannt. Eine Therapie mit Antibiotika hat dann nur noch wenig Einfluss auf die Dauer und Intensität der Hustenattacken. Sie ist trotzdem wichtig, weil gezeigt werden konnte, dass Patienten fünf bis sieben Tage nach Beginn der Therapie nicht mehr ansteckend sind. Säuglinge sollten immer im Krankenhaus behandelt werden, da nur hier die Voraussetzungen gegeben sind, um schnell auf mögliche Komplikationen zu reagieren.
Schutz durch Impfung Schutz gegen Keuchhusten bietet eine Impfung. Weil die Immunität wie auch nach einer durchgemachten Erkrankung nicht dauerhaft ist, muss sie wiederholt aufgefrischt werden. Ziel der Impfempfehlungen in Deutschland ist insbesondere der Schutz von jungen, noch nicht geimpften Säuglingen. Säuglinge und Kleinkinder werden im Rahmen der Sechsfachimpfung auch gegen Pertussis geimpft. Nach dem neuen, seit 2020 geltenden 2+1 Schema sind dafür insgesamt drei Impfungen im Alter von zwei Monaten, vier Monaten und vor dem Ende des ersten Lebensjahres (im Alter von elf Monaten) im Abstand von sechs Monaten zur zweiten Impfung erforderlich.
Für Frühgeborene gibt es gesonderte Empfehlungen. Die Auffrischungen erfolgen im Alter von fünf bis sechs und von neun bis 17 Jahren, jeweils mit einem Kombinationsimpfstoff mit Tetanus, Diphtherie und Polio. Generell empfiehlt die Ständige Impfkommission für alle Erwachsenen einmalig eine Impfung gegen Keuchhusten. Dafür sollten sie bei der nächsten Auffrischimpfung gegen Tetanus und Diphtherie und gegebenenfalls Polio mit einem Kombinationsimpfstoff geimpft werden, der auch gegen Pertussis schützt. Eine Impfempfehlung gibt es zudem für Personal im Gesundheitsdienst und in Gemeinschaftseinrichtungen. Auch enge Haushaltskontaktpersonen und Betreuer von Neugeborenen sollten spätestens vier Wochen vor Geburt gegen Pertussis geimpft werden. Dazu zählen neben den Eltern und Geschwistern beispielsweise auch Tagesmütter, Babysitter und Großeltern.
Seit vergangenem Jahr neu ist die Empfehlung, Schwangere am Anfang des letzten Schwangerschaftsdrittels gegen Keuchhusten zu impfen (unabhängig davon, wann die letzte Impfung gegen Keuchhusten war). Wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt hoch ist, sollte die Impfung ans Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels vorgezogen werden. Auch hier wird ein Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhhusten eingesetzt.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 32.
Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin