Nasenbluten
HARMLOS ODER GEFÄHRLICH?
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Plötzliches Nasenbluten, medizinisch als Epistaxis bezeichnet, sieht meist dramatischer aus als es ist. Gewiss ist der Anblick von rotem Blut, das aus der Nase rinnt und die Kleidung verschmutzt, alles andere als schön: Betroffene erschrecken sich oft, während Zuschauer den Blutverlust als abschreckend und ekelhaft empfinden, was die Situation für den Patienten nicht leichter macht.
Aufbau des Riechorgans Anatomisch gehört die Nase zu den äußeren und oberen Atemwegen, sie ist folgendermaßen aufgebaut: Ein aus Knochen und Knorpelplatten bestehendes Hohlraumsystem wird durch eine Scheidewand in zwei Nasenhöhlen getrennt, welche sich bis nach hinten in den Rachenraum erstrecken. Es ist mit der Kiefer-, Stirn- und Keilbeinhöhle sowie mit den Siebbeinzellen verbunden. In jeder Nasenhöhle befinden sich die sogenannten Nasenmuscheln, drei von der Nasenschleimhaut umgebene Knochenleisten. Auf der oberen Nasenmuschel, sowie auf Abschnitten der Nasenscheidewand und der Muschel befindet sich die Riechschleimhaut mitsamt ihrer Sinneszellen. Das respiratorische Epithel kleidet die Nasenhöhle von innen aus, dort liegen auch die beweglichen Härchen zur Entfernung von Fremdpartikeln und Verunreinigungen. Zusätzlich verfügt die Nasenschleimhaut über zahlreiche Drüsen mit der Funktion, Flüssigkeit abzusondern und die Atemluft zu befeuchten.
Häufige Erscheinung 60 Prozent der Bundesbürger haben epidemiologischen Studien zufolge schon mindestens einmal in ihrem Leben unter Nasenbluten gelitten. Kinder trifft es noch häufiger als Erwachsene, weil sie sich vereinzelt schon mal Fremdkörper wie Erbsen, Murmeln oder Erdnüsse in die Nase stecken. In diesen Fällen ist ein Arztbesuch erforderlich: Unter lokaler Betäubung entfernt der Mediziner die Fremdkörper – vorausgesetzt, dass diese noch nicht zu tief in die Öffnung gelangt sind. PTA und Apotheker können jungen Eltern in diesem Zusammenhang stets dazu raten, kleinteiliges Spielzeug von ihren Kindern fernzuhalten.
Zahlreiche Ursachen Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die zu einer Epistaxis beitragen. Die Einnahme von Arzneimitteln wie Phosphodiesterase-5- Hemmern, Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulanzien fördern Nasen bluten. Auch Thrombozytenveränderungen durch Krebserkrankungen, Bestrahlungen sowie Zytostatika-Therapien tragen zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit bei. Berichtet ein Kunde darüber, dass er regelmäßig an Nasenbluten leidet, sollten Sie ihm nach Prüfung der eingenommenen Medikamente zu einem Arztbesuch raten. Auslöser einer Epistaxis können neben den verwendeten Arzneimitteln auch Nasebohren, starkes Schnäuzen, wetterbedingte Druckschwankungen oder körperliche Anstrengungen sein. Unfälle, bei denen das Nasenbein oder die Nasenscheidewand zertrümmert werden, gehen häufig ebenfalls mit Nasenbluten einher. Der Blutverlust bei Gesichts- oder Schädelverletzungen ist oftmals lebensgefährlich, daher muss die Blutung durch Unterbindung der Arteria carotis externa rasch gestoppt werden. Weitere Risikofaktoren sind Nasenpolypen, überheizte Räume oder eine allergische Rhinitis.
Vorsicht: Grunderkrankungen Folgende Leiden können für den Blutfluss aus der Nase verantwortlich sein:
- Morbus Werlhof, eine Autoimmunerkrankung, bei der die Betroffenen gegen körpereigene Thrombozyten Antikörper bilden,
- Störungen der Blutgerinnung,
- Hepatitis, Leberzirrhose, akute Leberdystrophie,
- Thrombozytopenie durch ein Defizit an Vitamin B12 oder Folsäure,
- Diabetes mellitus oder
- arterielle Hypertonie.
Notfall oder Bagatelle? In der Regel ist die Epistaxis harmlos. Betrifft sie die vorderen Abschnitte in der Nase (anteriore Epistaxis), insbesondere den Locus Kiesselbachi, ein gefäßreiches Gebiet, lassen sich die Symptome gut behandeln. Komplikationen kann es geben, wenn die Blutungen aus den hinteren Nasenabschnitten (posteriore Epistaxis) stammen und von der Arteria sphenopalatina, der Keilbein-Gaumen- Arterie, ausgehen. Diese Form verlangt meist eine stationäre Therapie.
Erste Hilfe Tritt nach einem Unfall starkes Nasenbluten auf, ist umgehend ein Notarzt zu verständigen. Da sich Betroffene, insbesondere Kinder, sehr stark erschrecken können, sollten die beistehenden Personen Gelassenheit zeigen, denn zusätzliche Aufregung kann die Blutung noch verstärken. Nasentropfen oder -salben (zum Beispiel mit Oxymetazolin) werden zur Vorbeugung und zur Therapie angewendet. Auch Kühlkompressen, Eiswürfel oder feuchte Handtücher im Nacken sind aufgrund der gefäßverengenden Wirkung hilfreich. Die US-amerikanische Gesellschaft American Academy of Otolarynggology rät dazu, den Kopf bei Nasenbluten vorzubeugen und die Nasenflügel einige Minuten lang zusammenzupressen. Hingegen sollten Patienten es vermeiden, den Kopf in den Nacken zu legen, denn dann läuft das Blut nach hinten in den Rachen und durch die Speiseröhre in den Magen, sodass Übelkeit und Erbrechen begleitend auftreten.
Tipps für Ihre Kunden Menschen mit häufigem Nasenbluten sollten starkes Schnäuzen oder Nasebohren möglichst vermeiden. Bei trockenen Nasenschleimhäuten helfen Nasensalben, Spülungen, isotonische Kochsalzinhalationen sowie Nasenduschen. Wichtig ist auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (z. B. durch Tees oder Mineralwasser), während der Konsum von Alkohol und Nikotin möglichst eingeschränkt werden sollte.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 76.
Martina Görz, PTA, B. Sc. und Fachjournalistin