Botanicals
EIN WINTERLICHER DUFT
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Zimt wurde bereits 3000 v. Chr. in China angebaut und zum Würzen von Speisen verwendet. Über die Seiden- und Gewürzstraßen gelangte Zimt im neunten Jahrhundert in den Mittelmeerraum, wo er sehr geschätzt und für vielseitige Zwecke gebraucht wurde. Er diente nicht nur als Gewürz, sondern war auch ein beliebtes Aphrodisiakum oder wurde zum Einbalsamieren der Toten sowie Räuchermischungen für religiöse Zeremonien beigemengt. Die alten Griechen und Römer sollen Zimt bereits als Heilmittel zur Wundheilung und bei Schmerzen eingesetzt haben. Mit der Eroberung Ceylons durch die Portugiesen im 16. Jahrhundert gelangte die exotische Droge nach Europa, wo sie als ein kostbares und damit teures Gewürz gehandelt wurde. Zugleich kam sie bei vielerlei medizinischen Indikationen zum Einsatz. So war Zimt beispielsweise im Laudanum, einer Opiumtinktur, enthalten, die bis ins 19. Jahrhundert als Universalmittel für Körper und Geist galt.
Ceylon- oder Cassia-Zimt Schon früh wusste man, dass Zimt nicht gleich Zimt ist. Zimt ist lediglich die Sammelbezeichnung für die getrocknete Rinde verschiedener Zimtbaumarten aus der Familie der Lorbeergewächse (Lauraceae). Es muss zwischen verschiedenen Zimtarten unterschieden werden. Am bekanntesten sind in Europa der Ceylon-Zimt sowie der China- oder Cassia-Zimt. Beide Zimtarten stammen von unterschiedlichen Cinnamomum-Arten ab. Der Ceylon-Zimt wird von Cinnamomum verum J.S. Presl (Synonym C. Ceylanicum Nees), dem Echten Zimtbaum, gewonnen und ist die Arzneibuchware, deren Qualität im Europäischen Arzneibuch festgelegt ist. Stammpflanze des China- oder Cassia-Zimts ist hingegen die chinesische Zimtbaum-Art Cinnamomum aromaticum Nees (Synonym C. cassia). Cassia-Zimt gilt als Verfälschung der Arzneibuchware und wird hauptsächlich zu Pulver vermahlen über den Gewürzhandel vertrieben.
Echter Zimtbaum innamomum verum ist ein immergrüner, dichtbelaubter, bis zu zehn Meter hoher Baum mit länglich zugespitzten, dickledrigen lorbeerartigen Blättern und unauffälligen weißlich-grünen bis gelben Blüten, aus denen sich purpurfarbene, eichelähnliche Früchte bilden. In Kultur lässt man die Pflanze allerdings nicht in die Höhe wachsen. Man schneidet sie hingegen wie Kopfweiden stark zurück, um sie strauchartig zu halten. Dann bilden sich mehr lange und dünne Triebe, die eine Droge von besserer Qualität liefern. Der Echte Zimtbaum wird auch als Ceylon-Zimtbaum bezeichnet, da er in den Gebirgswäldern Sri Lankas, dem ehemaligen Ceylon, heimisch ist. Inzwischen wird er weltweit in den tropischen Regionen der Erde kultiviert, vor allem in Süd- und Südostasien, auf Madagaskar und auf den Seychellen.
Kostbare Zimtstangen Ceylon-Zimt kommt vor allem in charakteristischen Rollen, den Zimtstangen, auf den Markt. Dabei handelt es sich um die Rinde des Echten Zimtbaumes, die von jungen Zweigen abgelöst und von der Außenrinde (Kork und darunterliegendem Parenchym) befreit wird. Übrig bleibt die innere Rinde, die sich nach dem Schälen beim Trocknen von beiden Seiten aufrollt und rotbraun verfärbt. Sechs bis zehn dieser Rindenschalen werden zum Trocknen ineinandergeschoben und aufgehängt. Sie bilden charakteristische Zimtrollen beziehungsweise Zimtstangen, die ein leicht süßes, aber zugleich würziges Aroma ausströmen.
Darauf nimmt auch die deutsche Bezeichnung Zimt Bezug, die vom lateinischen Gattungsnamen cinnamomum abstammt, der dem griechischen Wort kinnamomum entlehnt ist und seinen Ursprung im malaiischen kaya manis = süßes Holz hat. Die Zimtstangen sind auch unter dem Begriff Kaneel (von lat. canella = Röhrchen) bekannt, das ein gebräuchliches Synonym für den Ceylon-Zimt darstellt. Eine andere verbreitete Bezeichnung ist Echter Zimt, da Ceylon-Zimt von Cinnamomum verum, dem Echten Zimtbaum, gewonnen wird. Das charakteristische Aroma des Zimts geht auf sein ätherisches Öl, das Zimtöl, zurück, dessen wertbestimmender Bestandteil Zimtaldehyd (65 bis 75 Prozent) ist. Ferner sind Eugenol (5 Prozent), Zimtalkohol, Cinnamylacetat, Catechin-Gerbstoffe und Kaffeesäurederivate sowie Spuren von Cumarin enthalten.
Positiv monographiert Das ätherische Öl ist für die antibakteriellen, antimykotischen, entzündungshemmenden, entkrampfenden und verdauungsfördernden Effekte des Zimts verantwortlich. Aufgrund dieser nachgewiesenen Wirkungen haben die ESCOP und die Kommission E eine positive Monographie verabschiedet, in der Ceylon-Zimt bei Appetitlosigkeit, dyspeptischen Beschwerden wie leichten, krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, bei Völlegefühl und Blähungen indiziert ist.
Zimt gegen Zucker Seit einigen Jahren wird aufgrund verschiedener In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen eine blutzuckersenkende Wirkung von Zimtrindenpulver und von wässrigen Extrakten der Zimtrinde diskutiert. Es wird vermutet, dass der Verzehr von Zimtpulver beziehungsweise Zimtextrakt bei Diabetikern vom Typ 2 zu einer Senkung des Blutzuckerspiegels beitragen kann. Allerdings existiert diesbezüglich keine einheitliche Datenlage, sodass bislang unter den Wissenschaftlern keine eindeutige Empfehlung zu Zimt in der Diabetestherapie erfolgt ist. Problem ist vor allem, dass eine potenzielle Wirkung schlecht einzuschätzen ist.
In den verschiedenen Untersuchungen fiel die Senkung des Blutzuckerspiegels sehr unterschiedlich aus, sodass die Patienten unter Umständen eine zu starke Senkung und somit eine Unterzuckerung riskieren. Da die Präparate darüber hinaus bezüglich der Unbedenklichkeit nicht hinreichend geprüft sind, laufen die Verwender zudem Gefahr, bei längerer Anwendung Leberschäden oder Tumore zu entwickeln. Folglich fordern Verbände wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) die Einstufung der Zimtpräparate als Arzneimittel. Bislang haben die Zimtpräparate keinen Arzneimittelstatus, sondern werden lediglich als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) vertrieben, die dann keine Studien zur Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität vorlegen müssen. Zulassungsstudien könnten Klarheit und Verlässlichkeit beim Einsatz von Zimtpräparten bringen.
Arzneibuchware wählen Problematisch ist auch, dass die erhältlichen NEM nicht miteinander vergleichbar sind. Einige enthalten verkapseltes Zimtpulver, andere wässrige Zimtextrakte und eine Standardisierung auf wirkungsrelevante Inhaltsstoffe fehlt. Darüber hinaus erfolgt nicht immer eine botanische Zuordnung der enthaltenen Cassiaart. Häufig ist nicht die Arzneibuchware, also der Cumarin-arme Ceylon-Zimt, sondern der Cumarin-reiche Cassia-Zimt enthalten. Damit ist eine Aufnahme hoher Cumarinmengen möglich, die zu einer Überschreitung der empfohlenen Tagesdosis für Cumarin (0,1 Milligramm Cumarin pro Kilogramm Körpergewicht) führen und sich gesundheitsschädlich auswirken kann. Experten raten zum maßvollen Verzehr von Cassia-Zimt, da selbst kleine Mengen Cumarin bei empfindlichen Personen Leberschäden verursachen können. So empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) Verbrauchern, die Zimt häufig in großen Mengen zum Würzen von Speisen verwenden, zum Beispiel für Milchreis mit Zimt und Zucker, lieber auf die Cumarin-arme Arzneibuchware, und nicht auf den im Gewürzhandel vertriebenen Cassia-Zimt zurückzugreifen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/2021 ab Seite 104.
Gode Chlond, Apothekerin