Interview

DIE ZUKUNFT DER PTA

Angefangen als „Hilfskraft des Apothekers”, ist die PTA inzwischen aus der Apotheke nicht mehr wegzudenken. Inwieweit sich Ausbildung und Status noch verbessern müssen, erklärt Sabine Pfeiffer, Bundesvorsitzende BVpta e.V.

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Der Deutsche Apothekertag 2012 steht vor der Tür – was hat sich seit Ihren Forderungen 2011 getan beziehungsweise hat sich überhaupt etwas bewegt?
Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Apothekerverband Westfalen-Lippe die Anträge zum Beruf PTA bezüglich des Berufsgesetzes und der Ausbildung des Berufs PTA mit ausgearbeitet. Und seit dem diese Anträge auf dem Deutschen Apothekertag 2011 gestellt wurden, steht der Beruf PTA im Blickfeld der Apotheker. Allein dies ist schon ein Erfolg. In gemeinsamen Gesprächen im Bundesministerium für Gesundheit unterstützen diese unsere Forderungen bezüglich der Novellierung des Berufsgesetzes und der Ausbildung. Die ABDA wurde auf der Hauptversammlung aufgefordert, an einer Novellierung der Ausbildung mitzuarbeiten. Ein erstes Treffen hierzu hat bereits stattgefunden.

Sie waren in Saarbrücken bei den Apothekenstreiks vor Ort – wie ist die Stimmung bei PTA und Apothekern?
Genau, wir waren hier in Saarbrücken vor Ort unterwegs. Viele Apotheker beteiligten sich in der Innenstadt an dieser ersten großen Protestaktion und machten so richtig Dienst nach Vorschrift. Die aktive Unterstützung der Protestaktion unserer KollegInnen fanden wir toll. Sie zeigten sehr viel Engagement. Während sie bei Regen vor der Tür standen und die Kunden über die allgemeine Sachlage aufklärten, bedienten die Chefs in der Apotheke oder über die Notdienstklappe. Das war echt klasse. Diesbezüglich möchten wir nochmals alle PTA-KollegInnen bitten, sich über die Hintergründe der Protestaktionen zu informieren und ihre Chefs im weiteren zu unterstützen.

Was bemängeln Sie, insbesondere an der neuen Apothekenbetriebsordnung?
Aus Sicht des BVpta, also des PTA-Berufes, kritisieren wir die verschärfte Aufsichtspflicht des Apothekers gegenüber der PTA hinsichtlich der Rezepturherstellung, gehört dies doch unter anderem zu unseren Kernkompetenzen. Viele KollegInnen empfinden dies als Abwertung ihres Wissens und sind völlig demotiviert. Wir sehen es als eine vertane Chance der Apotheker, gut qualifiziertes Fachpersonal „unter Verantwortung” arbeiten zu lassen. Somit ist viel Frust und auch die Bereitschaft zur schnellen Abwanderung in andere Arbeitsfelder da.

Wie hat sich das Berufsbild der PTA bis heute verändert? Seit über 40 Jahren arbeite ich in der Apotheke.
Angefangen habe ich mit sehr viel Rezeptur, Defektur und Laborarbeiten. Rezepte wurden meist kommentarlos, also ohne Beratung abgegeben. Genauso „sprachlos” wurden die OTC Wünsche erfüllt. Heute sind wir PTA hochqualifiziertes Fachpersonal, auch in der Beratung und im Handverkauf. Mittlerweile findet man viele PTA in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern, an die man bei der Erschaffung des Berufes noch gar nicht gedacht hat.

eine pta in der apotheke
Etwa 80 Prozent aller Arzneimittel werden von PTA verkauft.

Ihr BVpta-Kongress im Juni drehte sich um das Thema Zukunft des PTA-Berufes – was sind Ihre Forderungen?
Gesetzlich fordern wir die Anerkennung als eigenständigen Gesundheitsfachberuf. Dies beinhaltet die Änderung des Berufsgesetzes (Pharm-TAG) mit klarer Beschreibung der Ausbildungsziele und Tätigkeiten. Dies hat Professor Igl deutlich in seinem Impulsreferat zu unserer Diskussionsrunde während des Kongresstages aufgezeigt. In der Apotheke geht ohne uns nichts! Wir fordern weiterhin von den Apothekern die Zusprechung von mehr Kompetenz – wie unter anderem beim schon erwähnten Beispiel Rezeptur.

Sehen Sie Potenzial, dass sich in der Politik nun so langsam etwas tut, was die PTA betrifft?
Das Igl-Gutachten “Öffentlich-rechtliche Regulierung nichtärztlicher Gesundheitsfachberufe und ihrer Tätigkeiten”, das wir mit anderen Gesundheitsfachberufen haben erstellen lassen, gibt der Politik den klaren Auftrag, sich mit der Stellung dieser Gesundheitsfachberufe auseinander zu setzten. Hervorzuheben ist, dass ein rechtlicher Anpassungsbedarf besteht. Dieser beinhaltet neben dem Berufsgesetz die Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Ziel ist die bundesweite Vereinheitlichung der PTA-Ausbildung. Die wäre wie zum Beispiel bei der Approbationsordnung für Ärzte durch den Bundesgesetz- beziehungsweise -verordnungsgeber möglich. Auch diese Vorstellungen liegen im Bundesministerium für Gesundheit vor.

Warum scheint es so schwierig zu sein, eine dreijährige Ausbildung fest zu verankern?
Sagen wir mal so, ein großer Knackpunkt sind hier die PTA-Schulen, da in der neuen Ausbildungsverordnung neben einer 2,5-jährigen Schulzeit auch sechs Monate Praktikum untergebracht werden müssen. Für viele Schulen bedeutet dies in deren Augen ein halbes Jahr Schul“leer“lauf. Zu dieser angeblichen Problematik hat der Verband aber auch schon Gegenvorschläge gebracht, die hoffentlich Beachtung finden.

Wie muss sich auch die rechtliche Lage ändern, was die Ausbildung der PTA betrifft?
Die Politik muss die rechtliche Grundlage zur Änderung der Ausbildungsverordnung schaffen; dies bedeutet eine Anpassung der Lehrbereiche um neue Themengebiete und eine Verlängerung auf drei Jahre.

Wie lange bemühen Sie sich bereits um die Umsetzung Ihrer Forderungen?
Der Verband hat schon vor Jahrzehnten für eine Novellierung und dreijährige Ausbildung gekämpft. Ein erstes Ergebnis war 1997 die Novellierung der Ausbildungsverordnung. Hierbei wurden die Inhalte den damaligen beruflichen Gegebenheiten angepasst. In den letzten 15 Jahren ist die Entwicklung weiter vorangeschritten, sodass wir heute mehr den je die Dringlichkeit für eine dreijährige Ausbildung sehen und für diese kämpfen.

Sind Ihnen die Apotheker zu wenig engagiert, sich ebenfalls um die Belange der PTA einzusetzen?
Für unsere Belange müssen wir selber kämpfen! Allerdings wäre es schön, wenn die Apotheker uns PTA und unsere Kompetenzen mehr anerkennen und somit auch unsere Forderungen unterstützen.

»Wir fordern die Anerkennung der Pharmazeutisch-technischen Assistentin als eigenständigen Gesundheitsfachberuf.«

Stichwort Europa: Wie sieht dort die Ausbildung von PTA aus?
In Europa gibt es keine einheitliche Ausbildung und somit Bezeichnung des Berufes PTA. Die Ausbildung erfolgt den verschiedenen Gesundheitssystemen entsprechend. Gibt es mittlerweile eine europäische Anpassung, was das Arbeiten als PTA im Ausland betrifft? Nein. Wir erarbeiten im Moment die Stellung des PTA-Berufs im DQR (Deutscher Qualifikations Rahmen). Hier müssen wir sehen, dass wir – wie die anderen bundesrechtlich geregelten Gesundheitsfachberufe – möglichst in einem hohen Level angesiedelt werden, um dann einen entsprechenden Level im EQR (Europäischer Qualifikations Rahmen) zu erlangen. Dieser könnte den deutschen PTA die Anerkennung im europäischen Ausland und Übersee erleichtern.

War der Beruf schon von Anfang an so „frauenlastig”?
„Frauenlastig” war dieser Beruf, ebenso wie viele andere Gesundheitsberufe, schon immer. Aber dies liegt auch an der Mentalität der Frauen, wir haben eben ein „Helfersyndrom”, was häufig von den „Playern” in der Gesundheitspolitik ausgenutzt wird, man denke nur an die schlechte Bezahlung. So ist es für einen (PTA-)Berufseinsteiger sehr schwierig, sich von den tariflich garantierten Gehältern eine eigene Existenz aufzubauen, abgesehen von den fehlenden Chancen, im Beruf weiter zu kommen. Die ersten PTA waren übrigens sehr viele Apothekenhelferinnen, die in dieser Ausbildung eine Chance sahen, sich beruflich weiterzuentwickeln. Und noch heute ist es so, dass der PTA-Beruf ein Frauenberuf bleibt, denn er bietet fantastische Möglichkeiten, Familie und Beruf zu kombinieren (Teilzeitarbeit/ Wiedereinstieg).

Wo findet man die wenigen Männer, die eine PTA-Ausbildung absolviert haben, später wieder?
Die meisten männlichen PTA-Kollegen finden Sie hauptsächlich in der Industrie oder in Software-Häusern wieder. Dort sehen sie ihre Karrierechancen. Die wenigen Kollegen, die in Apotheken arbeiten, haben dort ein ganz anderes „Standing“, da sie oft als rechte Hand des Apothekers gesehen und auch entsprechend bezahlt werden. Wir würden uns übrigens über aktive Mitarbeit männlicher Kollegen in der Verbandstätigkeit sehr freuen, denn so können wir, auch für sie, noch mehr erreichen.

Können Sie Jugendlichen noch guten Herzens die Ausbildung zur PTA empfehlen?
Jederzeit. Der Beruf PTA ist für mich damals wie auch heute und in Zukunft „Berufung”.

VITA
Sabine Pfeiffer ist eine PTA der ersten Stunde. Seit der Beendigung der Ausbildung zur PTA arbeitet sie bis heute aktiv in der öffentlichen Apotheke. Ihre Karriere bei BVpta e.V. begann, in dem sie eine regionale Fortbildungsgruppe in Kevelaer gründete. Im Vorstand ist sie seit 2001 engagiert und seit 2005 Bundesvorsitzende des BVpta.

Infos zum BVpta e. V. Er ist der einzige Berufsverband für PTA in Deutschland und somit die Spitzenorganisation der Berufsgruppe der Pharmazeutisch-technischen AssistentInnen in allen beruflichen Arbeitsfeldern. Aufgabe des BVpta ist die berufspolitische Förderung und Interessenvertretung des Berufsstandes PTA im Austausch mit Politik, Verwaltung, Wirtschaft und der Öffentlichkeit sowie die gezielte berufliche Förderung durch qualifizierte Angebote in Fort- und Weiterbildung.

»In der Apotheke geht ohne uns nichts!«

Die Verbandsgründung reicht zurück in das Jahr 1980, zunächst in Isny. 1992 wurde die Geschäftsstelle nach Saarbrücken verlegt. Der BVpta zählt heute rund 8000 Mitglieder, die überwiegend in öffentlichen Apotheken, aber auch in Krankenhausapotheken, in der Industrie, Verwaltung, als Lehr-PTA, Selbstständige oder in anderen verwandten beruflichen Arbeitsbereichen tätig sind.

Die jährliche Mitgliederversammlung ist das wichtigste Organ des Verbandes. Dem Vorstand gehören aktuell fünf ehrenamtliche Mitglieder an. Die verschiedenen Berufssparten sind durch spezifische Arbeitskreise repräsentiert. In fortwährenden Sitzungen von Vorstand, der Geschäftsstelle und weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern mit Leitungsfunktion werden die berufspolitischen Erfordernisse und Aktivitäten koordiniert. Jährlich veröffentlicht der Verband hierzu seine Agenda zur Berufspolitik. Aktuell stehen die zeitgemäße Anpassung des PTA Berufsgesetzes und der Ausbildung im Fokus.

Zum breiten Fortbildungsangebot über die eigene Bildungsgesellschaft des BVpta zählen bundesweite Tages- und Abendseminare, Print-Fernschulungen sowie E-Learning-Kurse über das verbandseigene digitale Lernportal. Die praxisnahen Fortbildungen werden zusätzlich zur Kammerakkreditierung unter Ausweis des BVpta-Gütesiegels und BVpta-Bildungspunkten zum Sammeln zertifiziert. Alle Fortbildungen stehen ebenso Mitgliedern wie Nichtmitgliedern des Verbandes zur Verfügung – weit über 100 000 Teilnehmer nutzen jährlich die verschiedenen Lernangebote.

Die Internetplattform ist heute wichtigster Informationskanal des BVpta. Darüber hinaus informieren Newsletter, Presseveröffentlichungen, die Mitgliederzeitschrift und die Facebook-Seite über das Verbandsgeschehen.

Hintergrund: Der PTA-Beruf Als der Beruf am 24. März 1968 per Gesetz geschaffen wurde, wünschten sich die Apotheker einen Assistenten zur Unterstützung. Sie wollten sich im Labor bei der Prüfung der Ausgangsstoffe sowie bei der Herstellung von Rezepturen und Defekturen von „untergeordneten” Tätigkeiten befreien. Vorexaminierte oder Apothekerassistenten, die diese Arbeiten übernehmen konnten, wurden nur noch bis 1973 ausgebildet.

Damals bestand die Ausbildung zum Apotheker aus einer zweijährigen Lehre in einer Apotheke, studiert wurde anschließend. Der Abschluss der Lehre war das pharmazeutische Vorexamen. Die Absolventen konnten auch ohne weiteres Studium als Vorexaminierte oder Apothekerassistenten pharmazeutische Tätigkeiten ausüben und den Apotheker sogar einen Monat pro Jahr vertreten. Mit der Änderung der Studienordnung wurden dann aber keine Apothekerassistenten mehr ausgebildet und es entstand eine Lücke.

Man brauchte dringend einen neuen Assistenzberuf – die Geburtsstunde der PTA. Nach der Wiedervereinigung wurden dann die Pharmazie-Ingenieure der DDR den PTA gleichgestellt, erhielten jedoch eine Vertretungsbefugnis. Seitdem werden PTA in ganz Deutschland ausgebildet. Das Berufsbild der PTA hat sich seit der Anfangszeit deutlich verändert. Heute spielt die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln eine eher untergeordnete Rolle, sieht man einmal von Krankenhausapotheken oder öffentlichen Apotheken, die Zytostatika herstellen, ab.

Die Apotheken haben sich unter den veränderten politischen Bedingungen und unter dem steigenden Konkurrenzdruck gewandelt. Sie sind keine reinen Abgabestellen für Arzneimittel mehr. Sie bieten eine Menge Service und leisten ihren Beitrag zur Gesundheitsberatung und Prävention. Damit haben sich auch der Berufsalltag und die Anforderungen an das Wissen der PTA verändert. Die Beratung der Kunden steht immer mehr im Vordergrund.

Als PTA muss man nicht nur über Arzneimittel und das umfangreiche Randsortiment Bescheid wissen, sondern auch stets über die vielen neuen Produkte und die zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen im Bilde sein. Kommunikative Fähigkeiten und die ständige Bereitschaft zur Fortbildung sind mehr denn je Grundvoraussetzungen. Der Bereich der Selbstmedikation ist mittlerweile das Haupteinsatzgebiet für die PTA. Etwa 80 Prozent aller Arzneimittel werden von ihnen verkauft.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 106.

Das Interview führte Dr. Petra Kreuter, Redaktion

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