Landwirtschaftliche Düngung, egal ob mit natürlichen oder chemischen Düngemitteln, hat seine Auswirkungen auf die Umwelt und ihr sensibles Gleichgewicht. © filmfoto / iStock / Getty Images Plus

Umweltschutz | Wasser

DEUTSCHLAND UND DÜNGEMITTEL: NITRATGEHALT ZU HOCH

In den Augen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat Deutschland gegen EU-Auflagen zum Schutz von Gewässern verstoßen. Das Land tue demnach zu wenig gegen die hohe Nitratbelastung des Grundwassers und wurde diese Woche verurteilt.

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Schuld sind vor allem die übermäßige Düngung mit Gülle oder mineralischen Düngemitteln in der Landwirtschaft, aber auch beispielsweise Gärreste aus Biogasanlagen. Die in der Landwirtschaft verteilten Stickstoffverbindungen dienen dem gesicherten Wuchs verschiedenster Kulturpflanzen. Stickstoff wird von der Pflanze dringen benötigt, von der einen mehr, von der anderen weniger und nicht immer ist genügend im Boden vorhanden. Natürlicherweise gelangt er aus der Atmosphäre oder durch das Verrotten von Pflanzenteilen und Tierkadavern in die Erde. Nicht aufgenommene Stickstoffverbindungen können, wenn sie nicht sowieso schon als Nitrat vorliegen, zu diesem von Bakterien oxidiert werden und vom Regen in Oberflächengewässer gespült werden (Flüsse, Seen) oder in das Grundwasser sickern. Man geht davon aus, dass auf diesem natürlichen Weg bis zu zehn Milligramm Nitrat pro Liter ins Grundwasser gelangen. Die Werte in deutschem Grundwasser liegen allerdings viel höher, in einigen Fällen können Werte oberhalb des Europäischen Grundwasser-Grenzwertes von 50 Milligramm pro Liter gemessen werden. Zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder Schleswig Holstein.

Gefährlich für den Menschen wird es, wenn große Mengen Nitrat aufgenommen werden und im Körper zu Nitrit reduziert werden. Daraus gebildete Nitrosamine gelten als krebserregend. Zudem können Nitrite den Sauerstofftransport des Blutes behindern. Die akute Vergiftung macht sich durch Übelkeit, Magenbeschwerden und Atemnot bemerkbar. Vor allem Säuglinge gelten als gefährdet, da sie noch nicht über die vollständige Enzymausstattung eines erwachsenen Menschen verfügen und so die durch Nitrit ausgelöste Oxidation von Hämoglobin zu Methämoglobin nicht wieder umkehren können. Neben gesundheitlichen Risiken bedeutet eine hohe Nitratbelastung aber vor allem ein ökologisches Problem. Der hohe Gehalt begünstigt das Algenwachstum, wodurch ein Sauerstoffmangel im Gewässer begünstigt wird. Das Ökosystem gerät so schnell aus dem Gleichgewicht und schadet Tieren und Pflanzen: Lebewesen, die nährstoffarme Gewässer benötigen, sterben möglicherweise. Der Sauerstoffmangel kann zur Ausbildung toter Zonen führen, in denen weder Pflanzen wachsen noch Tiere leben. Zusätzlich wird der Boden sauer und erschwert so für viele Pflanzen und Bodenbakterien das Wachstum.

Zurzeit besteht zumindest für den Menschen kein Grund zur Sorge. Zwar wird Trinkwasser zum größten Teil aus Grundwasser hergestellt, die Produktion wird aber streng überwacht und alle wichtigen Grenzwerte eingehalten. Trinkwasser kann, bis auf einige örtliche Ausnahmen, auch zur Herstellung von Babynahrung verwendet werden. Eine komplette Analyse seines Trinkwassers kann man beim lokalen Wasserwerk kostenlos und öffentlich zugänglich zumeist auf der Homepage einsehen. Die Aufbereitung wird aber dadurch auch aufwendiger und kostenintensiver, es kann also über einen spürbaren Anstieg der Trinkwasserkosten spekuliert werden.

Das Urteil bezieht sich übrigens auf den deutschen Nitratbericht von 2012, vier Jahre später hat die EU-Kommission geklagt, da Deutschland nicht genug für eine Senkung des dort vermerkten hohen Gehalts getan habe. Seit 2017 gilt zwar ein neues Düngegesetz in Deutschland, Experten schätzen dessen Wirksamkeit aber als gering ein. Der Deutsche Bauernverband wiederum verharmlost die Klage, das verbesserte Gesetz werde spürbare Verbesserungen mit sich bringen. Welche Folgen das Urteil haben wird, ist noch nicht klar. In einem nächsten Schritt könnten Strafzahlungen eingeleitet werden, falls sich die Lage nicht verbessert. Der nächste Nitratbericht erscheint 2020.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle:www.zeit.de
www.spiegel.de
www.wasserklinik.com
www.spiegel.de

 

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