Lebererkrankungen – Teil 5
DER STILLE KILLER
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Das Hepatitis-CVirus, kurz HCV, das die gefährliche Leberentzündung auslöst, wurde erst 1988 identifiziert. Davor wurde die Erkrankung als non-A-non-B-Hepatitis bezeichnet. Es handelt es sich um ein RNA-Virus, von dem sechs verschiedene Genotypen existieren. Hierzulande am häufigsten ist der Genotyp 1, der von allen am schwierigsten zu behandeln ist.
Infektion durch einen Stich Hepatitis C wird durch kontaminiertes Blut übertragen, zum Beispiel durch Nadelstichverletzungen in Krankenhäusern oder durch gemeinsam genutzte Infektionsbestecke von infizierten Drogenabhängigen. Auch Tätowierungen und Piercings sind eine Gefahrenquelle, wenn das Handwerkszeug nicht ausreichend desinfiziert wird. Prinzipiell ist auch eine Übertragung durch aggressive Sexualpraktiken möglich.
Bei extrem hoher Viruslast sind die Erreger auch in anderen Körperflüssigkeiten wie Sperma oder Muttermilch nachweisbar, eine Infektion über diese Wege ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Hingegen kann das Virus von einer infizierten Mutter bei der Geburt manchmal auf das Kind übertragen werden. Die Gefahr einer Infektion durch kontaminierte Blutkonserven ist heute durch die seit 1990 eingeführten Testverfahren extrem unwahrscheinlich.
Unspezifische Symptome Eine Infektion mit HCV ist gefährlich, weil viele Betroffene die akute Phase nicht bemerken, die Erkrankung jedoch in bis 85 Prozent der Fälle chronisch wird und dann nach Jahrzehnten zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Hepatitis C ist meldepflichtig, wobei die Zahl der chronisch Infizierten in Deutschland auf mindestens 400 000 bis 500 000 geschätzt wird. Die Inkubationszeit kann zwei bis 26 Wochen betragen.
Die meisten Betroffenen verspüren erste Symptome der Erkrankung nach sieben bis acht Wochen, deuten sie jedoch in der Regel lediglich als grippalen Infekt. Kein Wunder, denn sie sind müde, abgeschlagen, haben keinen Appetit und Gelenkschmerzen. Manchmal kommt ein Druckgefühl im Oberbauch hinzu. Typische Symptome der Erkrankung wie Gelbsucht, dunkler Urin und entfärbter Stuhl, die zu einer Diagnose führen könnten, zeigen sich hingegen nur bei wenigen. Nur bei etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten heilt die Infektion folgenlos aus, bei den restlichen 80 bis 85 Prozent vermehrt sich das Virus in der Leber weiter.
Diese chronische Hepatitis kann nach zwanzig oder mehr Jahren eine Leberzirrhose oder Leberkrebs hervorrufen – ohne, dass die Betroffenen jemals etwas von ihrer Erkrankung bemerkt haben. Denn anders als bei anderen Hepatitiden sind veränderte Leberwerte bei Hepatitis C keine verlässlichen Marker. Meist beruht der Nachweis der Infektion somit auf einem Zufallsbefund oder wenn nach jahrelangen Beschwerden und verschiedenen Fehldiagnosen schon schwere Leberschädigungen vorliegen.
Sehr gute Heilungschancen Eine chronische HCV-Infektion kann heute bei fast allen Patienten geheilt werden. Langjähriger Therapiestandard war die über 24 bis 72 Wochen gegebene Kombination aus pegyliertem Interferon-alpha und dem Virostatikum Ribavarin, die jedoch teils gravierende Nebenwirkungen aufwies und je nach Genotyp nur 40 bis 80 Prozent der Patienten heilte. In den letzten Jahren wurden diese Therapie zunehmend von neuen Wirkstoffen abgelöst, die den Vermehrungszyklus des Virus gezielt an verschiedenen Stellen blockieren.
»Die Gefahr einer Infektion durch kontaminierte Blutkonserven ist heute durch die seit 1990 eingeführten Testverfahren extrem unwahrscheinlich.«
Diese „direct acting antiviral agents“ – kurz DAA – können mit Ribavirin und Interferon oder auch nur mit Ribavirin kombiniert werden, sind aber auch alleine oder in Verbindung mit einem anderen DAA hochwirksam. So verkürzen sie nicht nur Therapiedauer auf 12 bis 24 Wochen, sondern ermöglichten in Studien je nach Genotyp Heilungsraten von knapp 100 Prozent. Aufgrund dieser Entwicklung überarbeitet die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten DGVS zurzeit ihre Leitlinien und empfiehlt aktuell die DAA-basierte Kombitherapie.
Die hohen Kosten der Therapie mit den neuen Medikamenten führen zu kontroversen Diskussionen. Jedoch ist die bisherige Standardtherapie mit etwa 90 000 Euro für eine 48-wöchige Behandlung noch teurer – ohne hierbei die Behandlung der Nebenwirkungen zu berücksichtigen. Erst, wenn sechs Monate nach Therapieende kein Virus mehr nachweisbar ist, gelten die Patienten als geheilt. Rückfälle gibt es selten, allerdings beschert eine durchlaufene Hepatitis C-Infektion keine lebenslange Immunität, sodass man sich immer wieder infizieren kann. Für Hepatitis C gibt es keine Schutzimpfung.
Hier finden Sie die anderen Teile der Artikelreihe:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/15 ab Seite 106.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist