Chronobiologie | Menstruation
BESTIMMT DER MOND DEN ZYKLUS DER FRAU ODER NICHT?
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Die einen meinen, dass allein die Tatsache der ähnlichen Zykluslänge für die Mond-Theorie spricht. Andere wiederum halten dies für einen bloßen Durchschnittswert. Denn würde der Mond den Menstruationszyklus vorgeben, hätten alle Frauen ihre fruchtbaren Tage zeitgleich. Professor Dr. Charlotte Förster, Chronobiologin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, kam zu dem Schluss: Vermutlich waren das menschliche Fortpflanzungsverhalten und der Zyklus der Frau bis in die Antike synchron mit dem Mondzyklus.
Warum sind die Zyklen heute nicht mehr synchron?
Moderne Lebensgewohnheiten und künstliches Licht haben diesen Gleichtakt allerdings heute weitgehend verändert. „Wir kennen viele Tierarten, bei denen das Fortpflanzungsverhalten mit dem Mondzyklus synchronisiert ist, um so den Fortpflanzungserfolg zu erhöhen“, sagt Förster. Und nachdem der Menstruationszyklus von Frauen ähnlich lang ist wie der Mondzyklus mit seinen 29,5 Tagen, liege der Verdacht nahe, dass es auch bei ihnen einen Zusammenhang gibt.
Fruchtbarkeit und Zeitpunkt einer Geburt
Weitere Befunde sprächen dafür:So zeigen mehrere ältere Studien, dass Frauen, deren Zyklen im Gleichtakt mit dem des Mondes schwingen, die höchste Wahrscheinlichkeit haben, schwanger zu werden. Zwei große Längsstudien weisen außerdem eine signifikante Korrelation zwischen Geburtenrate und Mondphase nach, mit einem leichten Anstieg der Geburtenrate bei Vollmond und einem entsprechenden Rückgang bei Neumond. Außerdem deute manches darauf hin, dass Geburten bei Vollmond eher nachts und bei Neumond eher tagsüber stattfinden.
Methodik der Studie
Um die Fragestellung zu untersuchen, haben Förster und ihre Kollegen aus München, Buenos Aires und den USA den Verlauf der Menstruationszyklen von 22 Frauen ausgewertet, die darüber drei Jahrzehnte lang Tagebuch geführt haben: „Unseres Wissens nach wurde dieser Ansatz zur Auswertung solcher Langzeitstudien bisher noch nicht verwendet“, sagt Förster. Stattdessen habe man früher eine große Anzahl von Frauen in ihrer Gesamtheit analysiert, wobei die Ergebnisse verschiedener Frauen, Altersgruppen, Jahre und Jahreszeiten einfach kombiniert wurden.
Der eine Mondzyklus? Nein!
Die Aufzeichnungen für die aktuelle Studie – jene der 22 Frauen – hat das Forscherteam jeweils mit dem Mondzyklus korreliert. Wobei es den einen Mondzyklus eigentlich gar nicht gibt: „Wissenschaftlich betrachtet weist der Mond nämlich drei verschiedene Zyklen auf, die seine Helligkeit und Schwerkraft, mit der er auf die Erde einwirkt, periodisch verändert“, sagt Förster. Da gibt es zum einen den Wechsel zwischen Voll- und Neumond alle 29,53 Tage. Zum zweiten Kreis der Mond nicht auf einer festen Bahn um die Erde: stattdessen schwankt seine Position relativ zum Äquator (Zykluslänge: 27,32 Tage). Ein wenig länger ist der dritte Zyklus mit 27,55 Tagen: Er ergibt sich aus der Tatsache, dass der Mond auf einer elliptischen Bahn die Erde begleitet und ihr dementsprechend mal näher, mal ferner ist.
All diese Zyklen beeinträchtigen die Intensität des Mondlichtes und die Schwerkraft (was beispielsweise bei den Gezeiten sichtbar wird). Zusätzlich stehen sie in Wechselwirkung zueinander und können mit besonderen Phänomenen einhergehen wie etwa einer Sonnenfinsternis. Das Fazit der Wissenschaftlerin:
Alle drei Zyklen beeinflussen das Einsetzen der Menstruation bei Frauen.
Dabei scheint das nächtliche Mondlicht der stärkste Taktgeber zu sein, doch die Gravitationskräfte des Mondes tragen ebenfalls dazu bei.
Unsynchrone Nachteulen
Doch nicht nur mit dem Lebensalter des Menschen scheint die Synchronisation von Mond und Menstruation zu sinken – auch das Maß, in dem Frauen künstlichen Lichtquellen ausgesetzt sind, wirkt mitbestimmend. Typische „Nachteulen“, die spät zu Bett gehen und dementsprechend lange das Licht brennen lassen, zeigen jedenfalls keine offensichtliche Synchronisation mit dem Mond. Der Hell-Dunkel-Zyklus scheint demnach kein besonders starker Taktgeber, auch die Schwerkraft beeinflusst den Menstruationszyklus. So sind Schlafbeginn und Schlafdauer vorübergehend entweder an den Vollmond oder den Neumond gekoppelt.
Für Förster und ihre Kollegen ist daher naheliegend, dass der menschliche Organismus nicht nur auf schnelle Änderungen der Schwerkraft reagieren kann, sondern auch auf langsame, periodisch wiederkehrende Gravitationsänderungen. Da sich die Forscher der geringen Anzahl ihrer Probandinnen bewusst sind, setzen sie für künftige Studien auf eine Handy-App. Damit werde es möglich, die Beziehung von Menstruations- und Mondzyklen und den Einfluss von künstlichem Licht bei einer großen Anzahl Frauen auf der ganzen Welt zu untersuchen.
Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft