Sanofi-Aventis Deutschland GmbH | Therapie
AKTUELLER REVIEW: ANWENDUNG VON BISACODYL IN DER KLINISCHEN PRAXIS
Seite 1/1 4 Minuten
Bisacodyl wird seit den 50er Jahren als lokal wirkendes Abführmittel zur Behandlung von Verstopfung eingesetzt. Der Wirkstoff besitzt einen besonderen dualen Wirkmechanismus, bestehend aus einer darmanregenden (prokinetischen) und flüssigkeitserhöhenden (sekretorischen) Wirkkomponente. Infolge der prokinetischen Wirkung kommt es im Dickdarm zu einer Tonuserhöhung der glatten Muskulatur und zu einer Aktivierung der Darmperistaltik und damit des Darmtransports. Eine Besonderheit im Zusammenhang mit dem Wirkmechanismus, die in der Arbeit hervorgehoben wird, ist, dass die durch Bisacodyl induzierte Darmaktivität der natürlichen Darmaktivität ähnelt: die Peristaltikmuster hochamplituder Kontraktionen (HAPC) sind quantitativ und qualitativ vergleichbar mit den natürlich auftretenden HACP. Die Erhöhung des Wassergehaltes kommt durch die Reduktion des Wassertransfers von der luminalen zur vaskulären Seite des Dickdarms bei gleichzeitiger Aktivierung der Wasserabgabe in das Darmlumen zustande und trägt dazu bei, die Stuhlkonsistenz zu verbessern.
Durch klinische Studien belegte Wirksamkeit, Sicherheit und verbesserte Lebensqualität
Die seit den 50er Jahren durchgeführten Untersuchungen zu Bisacodyl konnten durch neue State-of-the-Art-Studien bestätigt werden.4, 5 So publizierten Kamm et al. 2011 die Ergebnisse der ersten doppelblinden, placebokontrollierten Parallelgruppenstudie, die die Wirksamkeit und Sicherheit einer Behandlung mit Bisacodyl bei obstipierten Patienten erstmalig unter Berücksichtigung der Rom-Kriterien (Rom-III-Kriterien) untersuchte.7 Die Patienten, die Bisacodyl erhielten, profitierten von einer hochsignifikanten Verbesserung ihrer Stuhlfrequenz: Die durchschnittliche Anzahl von vollständigen spontanen Stuhlgängen pro Woche erhöhte sich von 1,1 zu Beginn der Behandlung auf 5,2 mit Bisacodyl und auf 1,9 mit Placebo über den Behandlungszeitraum (p < 0.0001 Bisacodyl vs. Placebo). Zusätzlich zu einer deutlichen Verbesserung der klassischen Verstopfungsbeschwerden (wie zum Beispiel Stuhlkonsistenz, Pressen beim Stuhlgang) unter Bisacodyl werden nun erstmalig weitere Erkenntnisse publiziert3: Mit Bisacodyl behandelte Patienten verzeichneten eine signifikant höhere Zufriedenheit mit ihrer Darmtätigkeit und eine signifikant reduzierte Beeinträchtigung durch Bauchbeschwerden und abdominelle Blähungen im Vergleich zur Placebogruppe. Dementsprechend konnten Kamm et al. eine signifikante Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Patienten mit Verstopfung im Rahmen der Behandlung nachweisen.4 Entsprechende Literaturdaten aus größeren randomisierten, kontrollierten Studien für andere stimulierende Abführmittel, wie zum Beispiel Sennespräparate, fehlen.
Bisacodyl: Überlegene Wirksamkeit im Hinblick auf die Stuhlfrequenz?
Im Hinblick auf die Wirksamkeit untersuchten neuere Reviews und Metaanalysen unter anderem die durchschnittliche Anzahl von Stühlen pro Woche für unterschiedliche Abführmittel.2, 6, 7 Osmotische wie auch stimulierende Wirkstoffe erhöhten im Vergleich zu Placebo die durchschnittliche Stuhlfrequenz signifikant.6 Nelson et al. konnten für Bisacodyl, Prucaloprid, Lubiproston, Linaclotid, Tegaserod, Velusetrag, Elobixibat und Natriumpicosulfat eine ähnliche Wirksamkeit im Hinblick auf eine Verbesserung der Stuhlgänge mit dem Gefühl einer kompletten Entleerung zeigen.2 Im Hinblick auf den sekundären Parameter, der Veränderung in der Anzahl der spontanen Stuhlgänge pro Woche, scheint Bisacodyl überlegen wirksam zu sein.2
Positiver Einfluss auf das Darm-Mikrobiom?
Neben dem bekannten Effekt auf die Stuhlfrequenz hat Bisacodyl möglicherweise weitere positive Auswirkungen. So wurden die intestinale Permeabilität und die Stuhlflora bei Patienten mit chronischer Verstopfung untersucht, um den Einfluss einer Obstipation auf diese Parameter zu untersuchen.8
Ergebnis: Bei Patienten mit Verstopfung waren die Konzentrationen von Bifidobacterium und Lactobacillus signifikant niedriger und die potenziell pathogenen Bakterien und/oder Pilze waren erhöht. Die Normalisierung der Darmtransitzeit durch die Bisacodyl-Behandlung ging mit einer Abnahme der Anzahl potenziell pathogener Mikroorganismen (E. coli, Pilze) und einer Zunahme der Anzahl der obligaten Mikroflora (Bifidobacterium, Bacteroides, Streptococcus faecalis) einher.8
Verschiedene Galenika ermöglichen planbare Wirkeffekte für verschiedene Patientengruppen
Bisacodyl ist zum Beispiel unter dem Markennamen Dulcolax® als orale (5-Schicht-Dragee) und rektale (Zäpfchen) Formulierung erhältlich, die eine planbare Wirkung ermöglichen: Der Stuhlgang tritt etwa 6 bis 12 Stunden nach der Einnahme von Dulcolax® Dragees und etwa 15 bis 30 Minuten nach der rektalen Anwendung von Dulcolax® Zäpfchen ein. Die orale Dosierung für Erwachsene beträgt 5 bis 10 mg (entspricht 1 bis 2 Dragees) einmal täglich, die Dosierung der Zäpfchen liegt bei 1 Zäpfchen pro Tag für Erwachsene, Jugendliche und Kinder über 10 Jahre.
Quellen:
1 Suares NC, Ford AC. Prevalence of, and risk factors for, chronic idiopathic constipation in the community: systematic review and meta-analysis. Am J Gastroenterol. 2011;106:1582-1591; quiz 1581, 1592.
2 Nelson AD, Camilleri M, Chirapongsathorn S, et al. Comparison of efficacy of pharmacological treatments for chronic idiopathic constipation: a systematic review and network meta-analysis. Gut. 2017;66:1611-1622.
3 Corsetti M et al. Bisacodyl: A review of pharmacology and clinical evidence to guide use in clinical practice in patients with constipation Neurogastroenterology & Motility 2021
4 Kamm MA, Mueller-Lissner S, Wald A, Richter E, Swallow R, Gessner U. Oral bisacodyl is effective and well-tolerated in patients with chronic constipation. Clin Gastroenterol Hepatol. 2011;9:577-583.
5 Kienzle-Horn S, Vix JM, Schuijt C, Peil H, Jordan CC, Kamm MA. Efficacy and safety of bisacodyl in the acute treatment of constipation: a double-blind, randomized, placebo-controlled study. Aliment Pharmacol Ther. 2006;23:1479- 1488.
6 Ford AC, Suares NC. Effect of laxatives and pharmacological therapies in chronic idiopathic constipation: systematic review and meta-analysis. Gut. 2011;60:209-218.
7 Luthra P, Camilleri M, Burr NE, Quigley EMM, Black CJ, Ford AC. Efficacy of drugs in chronic idiopathic constipation: a systematic review and network metaanalysis. Lancet Gastroenterol Hepatol. 2019;4:P831-844.
8 Khalif IL, Quigley EMM, Konovitch EA, Maximova ID. Alterations in the colonic flora and intestinal permeability and evidence of immune activation in chronic constipation. Dig Liver Dis. 2005;37:838-849.6